Bei der Planung der Finanzierung der Lieferkette verschafft Reverse Factoring einen kurz- bis mittelfristigen Liquiditätspuffer.

Yozayo/iStock/Getty_Images

09.04.20
Cash Management & Zahlungsverkehr

Coronakrise: Was bringt Reverse Factoring?

Die Coronakrise entzieht vielen Unternehmen die Liquidität. Treasurer können mit Reverse Factoring an frisches Cash kommen, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Für Treasurer steht während der Coronakrise an oberster Stelle, die Liquiditätstöpfe zu füllen. Besonders Finanzierungsinstrumente entlang der Lieferkette stehen unter Druck, weil bei vielen Unternehmen die Supply Chain derzeit zusammenbricht.

Ein Instrument für Supply Chain Finance ist Reverse Factoring. Hierbei finanziert eine Factoringgesellschaft (Factor) die Rechnungen der Waren und Dienstleistungen der Lieferanten (Kreditor) eines Unternehmens. Die Lieferanten profitieren von der meist besseren Bonität ihres Abnehmers. Dieser hat den Vorteil, dass er seine Zahlungsziele verlängern kann und erst später den Factor zahlt.

Zahlungsziele sollten verlängert werden

Gökhan Yüzgülec, Principal bei der Unternehmensberatung Inverto, sagt, dass Reverse Factoring wirkt, schränkt aber ein: „Wenn Reverse Factoring bereits im Einsatz ist, können Kunden und Lieferanten so ihre Liquidität erhöhen. Allerdings ist Reverse Factoring kein kurzfristig einsetzbares Krisenwerkzeug und deswegen nicht der Schlüssel, um in dieser Krise zu überleben, wenn man bisher noch nicht damit arbeitet.“

Der Grund: Wenn die Finanzabteilung um den Treasurer sich jetzt für Reverse Factoring entscheidet, dauere es je nach Größe und Komplexität der Lieferkette zwischen acht Wochen und vier Monaten, bis Reverse Factoring eingerichtet sei, sagt Yüzgülec. Um schnell an Liquidität zu kommen, ist das Instrument also nicht geeignet. Mittelfristig, also womöglich im weiteren Verlauf der Coronakrise, könnte es aber helfen.

Zudem empfiehlt der Experte, dass Zahlungsziele für die Abnehmer verlängert werden sollten. Auch Unternehmen, die Reverse Factoring gerade einrichten, sollten erst bezahlen, wenn das Instrument voll integriert sei.

Insolvenzänderungen sorgen für Misstrauen

Doch selbst diejenigen Unternehmen, die trotz der Krise liquide sind, stehen vor einem neuen Problem: Es besteht die höhere Wahrscheinlichkeit, dass Vertragspartner innerhalb der Lieferkette aufgrund der Coronakrise zahlungsunfähig sind und dies aber nicht mitteilen. Das ist wegen der ausfallenden Insolvenzantragspflicht möglich und sorgt für Misstrauen in der Lieferkette. Was das für die einzelnen Parteien für Auswirkungen hat, lesen Sie bei unserer Schwesterpublikation FINANCE.

s.backhaus@dertreasurer.de

Keine Neuigkeiten aus dem Treasury mehr verpassen: Abonnieren Sie kostenlos unser E-Magazin und bleiben Sie über alle aktuellen Entwicklungen im Treasury auf dem Laufenden.

Mehr über Trends in der Lieferkettenfinanzierung finden Sie auf unserer Themenseite Supply Chain Finance