Unternehmen weltweit haben Probleme, an ihre gewünschte Handelsfinanzierung zu kommen. Gerade für kleinere Firmen ist es schwierig, da die Banken diese nur selten als Kernzielgruppe identifiziert haben. Das ist das Ergebnis der jährlichen Trade-Finance-Umfrage der Bankenkommission der Internationalen Handelskammer, an dem 255 Banker aus 98 Länder teilgenommen haben.
Rund 61 Prozent der Banken berichten, dass im globalen Markt die Nachfrage nach Trade-Finance-Produkten größer ist als das Angebot. Die Bankenkommission der Internationalen Handelskammer und die Asiatische Entwicklungsbank schätzen, dass jährlich angefragte Handelsfinanzierungen in Höhe von 1,6 Billionen US-Dollar (rund 1,4 Billionen Euro) unerfüllt bleiben. Diese Zahl ist inzwischen von den Vereinten Nationen offiziell anerkannt.

Maersk
Trade Finance: Mittelstand leidet unter Finanzierungslücke
Trade Finance: Kleine Unternehmen liefern lieber auf Rechnung
Ein Grund für die Lücke in der Handelsfinanzierung gerade für kleinere Unternehmen dürfte im Kundenfokus der Banken liegen. Dem Report zufolge haben fast die Hälfte der Kreditinstitute (rund 46 Prozent) multinationale und große Banken als Kernzielgruppe für ihr Trade-Finance-Geschäft identifiziert. Ein Viertel konzentriert sich auf mittelgroße Firmen. Bei weniger als einem Fünftel der Banken stehen die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) im Fokus. Das verwundert nicht, ist diese Firmenkundengruppe für die Banken im Trade-Finance-Bereich wenig attraktiv, da kleinere Unternehmen oft keine Warenakkreditive nutzen, um sich abzusichern, sondern lieber auf Rechnung liefern.
Dennoch versuchen einige der Banken, eine Lösung für die chronische Unterversorgung der kleinen Unternehmen bei der Handelsfinanzierung zu finden: Sieben europäische Kreditinstitute haben sich beispielsweise zu Beginn des Jahres zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Blockchain-Plattform entwickeln. Ihr Ziel ist es, inländische und grenzüberschreitende Handelsfinanzierungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zu erleichtern.
Digitalisierung im Trade-Finance-Bereich schreitet voran
Dieses Projekt verdeutlicht, dass die Digitalisierung auch vor dem Trade-Finance-Bereich nicht Halt macht. Rund die Hälfte der befragten Banker erwartet deshalb auch, dass die meisten Handelsströme bis 2027 digitalisiert sind. Fast genauso viele erwarten aber, dass diese Entwicklung noch zehn bis 25 Jahre dauern wird.
Der Beratung Boston Consulting Group zufolge wird das Trade-Finance-Geschäft rund 4,7 Prozent pro Jahr wachsen. Möglichkeiten für ein weiteres Wachstum im Zuge der Digitalisierung sehen allerdings nur wenige Banken. Lediglich 12 Prozent der Befragten nehmen wahr, dass ihre Trade-Finance-Geschäfte anziehen. Fast 40 Prozent sehen nur einen begrenzten Fortschritt.
Auch die Einstellung im Hinblick auf die FinTechs hat sich gewandelt: Lediglich 1,4 Prozent der befragten Kreditinstitute sehen ihre Position als Trade-Finance-Anbieter durch FinTechs bedroht. Stattdessen steht die Zusammenarbeit bei vielen oben auf der Agenda. Gerade in Deutschland arbeiten einer einer globalen Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zufolge schon sieben von zehn Finanzdienstleistern mit FinTechs zusammen. Weitere Kooperationen dürften folgen.
Paulus[at]derTreasurer.de

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