Michael Kotzbauer von der Commerzbank sieht die Banken in der Coronakrise wesentlich robuster aufgestellt als 2008.

Commerzbank; Montage: DerTreasurer

02.04.20
Finanzen & Bilanzen

Commerzbank: „Aussetzung der Covenants ist eine Variante“

Die Commerzbank erlebt wie viele andere Geschäftsbanken einen Ansturm wegen der KfW-Hilfskredite. Bereichsvorstand Michael Kotzbauer erläutert, wie die Risikoprüfung in der Coronakrise abläuft und unter welchen Bedingungen Unternehmen eine Zwischenfinanzierung erhalten.

Seit Anfang vergangener Woche können Unternehmen bei der KfW Hilfskredite beantragen, um die Coronakrise zu überstehen. Wie viele Anfragen sind bei Ihnen schon eingegangen?
Wir haben bereits knapp 17.000 Anfragen bekommen – Stand 31. März. Neben den KfW-Hilfskrediten haben wir aber auch Anfragen für Bürgschaften sowie für nicht geförderte Finanzierungen erhalten. Seit Beginn der Krise haben wir unseren Firmenkunden bereits Corona-bedingte Kredite in einstelliger Milliardenhöhe zur Verfügung gestellt.

Stammen diese Anfragen ausschließlich von bereits bestehenden Firmenkunden oder sind auch Neukunden dabei?
Die meisten Anfragen kommen von bestehenden Firmenkunden. Nur ein kleiner Teil ist von Neukunden.

„Wir haben einen Weg gefunden, unsere Prozesse bei der Risikoprüfung schneller durchführen zu können.“

Michael Kotzbauer, Bereichsvorstand der Mittelstandsbank Mitte/Ost, Commerzbank

Wie viele der Unternehmen erfüllen die Voraussetzungen für die KfW-Hilfen nicht?
Im Firmenkundenbereich – also bei größeren Mittelständlern und Großkunden sind das eher Einzelfälle. Ein großer Teil der Finanzierungsanfragen erfüllt nach aktuellem Stand die Kriterien des KfW-Programms. Bei einigen Unternehmen hatten wir allerdings bedingt durch die Transformation in den jeweiligen Sektoren vor dem Stichtag 31. Dezember 2019 schon strukturelle Themen, die einen Zugang zu KfW-Mitteln aktuell nicht möglich macht.

Commerzbank geht mit eigenem Programm in Vorleistung

Die Gelder aus den KfW-Hilfskrediten werden erst Mitte April ausbezahlt. Um die Zeit, bis die KfW-Hilfen fließen, für ihre Firmenkunden zu überbrücken, hat die Commerzbank ein eigenes Kreditprogramm über 700 Millionen Euro aufgelegt. Wie sieht dieses konkret aus?
Mit diesem Programm gehen wir bei all unseren Unternehmens- und Firmenkunden – vom Gewerbetreibenden bis hin zu Großkonzernen – in Vorleistung und zahlen die beantragte Kreditsumme aus, sobald die Genehmigung beziehungsweise die Kreditentscheidung vorliegt. In dringenden Fällen können Kunden Gelder auch taggleich bekommen.

Sie sprachen von einer Milliardensumme, die beantragt wurde. Was passiert, wenn die 700 Millionen Euro ausgeschöpft sind?
Unser Corona-Mittelstandsfonds ist dezidiert für schnelle Liquidität für Firmenkunden bei Corona-bedingten Engpässen konzipiert oder für eine Zwischenfinanzierung bis zur Auszahlung von KfW-Krediten. Aktuell fühlen wir uns mit dem Volumen gut aufgestellt. Unsere vielen loyalen Firmenkunden wissen, dass wir an ihrer Seite stehen.

An welche Bedingungen ist solch eine Zwischenfinanzierung geknüpft?
Wir machen zuerst eine Risikoprüfung und treffen danach eine Kreditentscheidung. So wie wir das auch in normalen Zeiten tun. Die Basis ist die Kapitaldienstfähigkeit und die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells.

Risikoprüfung erfolgt wegen Regulatorik wie vor der Krise

Die Risikoprüfung für die KfW-Kredite dürfte schnell zum Flaschenhals werden. Läuft sie bei Ihnen wie sonst ab oder ist sie etwas abgeschwächt?
Aus regulatorischer Sicht muss die Risikoprüfung so erfolgen, wie auch vor der Coronakrise. Die Entscheidungen werden immer noch im Vier-Augen-Prinzip gefällt. Denn auch die KfW verlangt eine saubere Prüfung von uns. Aber wir haben einen Weg gefunden, unsere Prozesse schneller durchführen zu können.

Und wie sieht der konkret aus?
Wir haben unsere Kapazitäten aufgestockt und den Antragsprozess für die Corona-Programme der KfW deutlich verschlankt. Wir können schnell entscheiden. Zudem haben wir unsere rund 700 Firmenkundenbetreuer in Deutschland nochmal speziell zum Thema öffentliche Fördermittel geschult. Für unsere Firmen- und Unternehmerkunden haben wir in kürzester Zeit eine Online-Antragsstrecke aufgelegt.

Dennoch dürfte die Risikoprüfung mehrere Tage in Anspruch nehmen.
Das stimmt, wir versuchen aber die Risikoüberprüfung innerhalb weniger Tage sicherzustellen. Zudem priorisieren wir auch nach Dringlichkeit. Es gibt Unternehmen, bei denen wir sehr schnell reagieren müssen. Bei anderen Kunden haben wir etwas mehr Zeit. Wiederum andere Unternehmen mit großen Cash-Polstern sehen sich die KfW-Hilfskredite nur als Fall-back-Strukturen an.  

„Heute sind die Banken wesentlich robuster aufgestellt als 2008.“

Michael Kotzbauer, Bereichsvorstand der Mittelstandsbank Mitte/Ost, Commerzbank

„Effekte der Krise müssten für Banken verkraftbar sein“

Haben Sie die Anzahl an Förderkreditspezialisten vergrößert, um den Ansturm bewältigen zu können?
Ja, wir haben unser Förderkreditteam erweitert. Wir sind jetzt mit über 100 Spezialisten für öffentliche Förderprogramme unterwegs, die zusammen mit unseren Firmenkundenbetreuern am Unternehmen agieren

Viele Unternehmen dürften infolge der Coronakrise mit Blick auf den Verschuldungs-Covenant ihre Kreditauflagen brechen. Werden Sie ihren Firmenkunden im Zuge einer Holiday-Period eine Erweiterung oder gar Aussetzung der Covenants anbieten?
Neben der Liquiditätsversorgung, Bürgschaften oder einer Tilgungsaussetzung ist das eine der möglichen Varianten. Das entscheiden wir aber jeweils im Einzelfall.

Fürchten Sie eine Zunahme der Kreditausfälle im Zuge der Coronakrise?
Es ist im Moment zu früh, um zu sagen, wie sich die Coronakrise auf unser Kreditbuchbuch auswirken wird. Es kommt darauf an, wie lange dieser Shutdown dauern wird. Wir erwarten aber vor dem Hintergrund der staatlichen Programme, dass die Effekte für die Banken verkraftbar sein müssten.

Commerzbank: „Ein entscheidender Unterschied zu 2008“

Der Baseler Ausschuss hat die Umsetzung der härteren Eigenkapitalvorschriften für Banken („Basel IV“) wegen des Coronavirus um ein Jahr verschoben. Wie sehr freut Sie das?
Es hilft auf jeden Fall in der gegenwärtigen Krise und ist richtig. Ich möchte aber auch nochmal darauf hinweisen, dass es, im Vergleich zur letzten großen Krise, der Finanzkrise im Jahr 2008, diesmal einen entscheidenden Unterschied gibt. Damals hatten wir eine Bankenkrise, jetzt haben wir eine Gesundheitskrise, die zu einer Krise der Realwirtschaft geführt hat. Heute sind die Banken wesentlich robuster aufgestellt als damals. Wir als Commerzbank stehen vom Risikoprofil und von der Kapitalausstattung her sehr gut da und werden unsere Kunden durch diese Krise begleiten.

Paulus[at]derTreasurer.de

Michael Kotzbauer ist seit 2004 im Management des Firmenkundengeschäfts der Commerzbank tätig und seit Anfang 2017 Bereichsvorstand der Mittelstandsbank Mitte/Ost. Er ist damit für alle Firmenkunden ab 15 Millionen Euro Umsatz in Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und den neuen Bundesländern inklusive Berlin verantwortlich.

Keine Neuigkeiten aus dem Treasury mehr verpassen: Abonnieren Sie kostenlos unser E-Magazin und bleiben Sie über alle aktuellen Entwicklungen im Treasury auf dem Laufenden.