Treasurer aufgepasst: Die Coronakrise hat auch Folgen für die Kreditverträge.

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19.03.20
Finanzen & Bilanzen

Coronakrise: Was Treasurer bei ihren Krediten beachten sollten

Infolge der Coronakrise werden viele Unternehmen bei ihren Krediten die Covenants brechen. Wie Treasurer reagieren sollten, erläutern die beiden Finanzierungsanwälte Andreas Naujoks und Nikolai Warneke.

Die Corona-Pandemie dürfte vielen deutschen Unternehmen die Ergebnisse verhageln. Das gilt mindestens für die ersten beiden Quartale des laufenden Jahres – je nach dem weiteren Verlauf des Virus womöglich sogar noch für länger. Das hat auch Folgen für die Kreditverträge: Insbesondere mit Blick auf den Verschuldungs-Covenant dürften einige Unternehmen ihre Kreditauflagen brechen.

Dieser Covenant, der auch Leverage-Covenant genannt wird, beschreibt das Verhältnis der gesamten (Netto-)Finanzschulden des Unternehmens zu seinem operativen Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda). In vielen Kreditverträgen sind dafür Obergrenzen definiert. Wenn Unternehmen diese nun brechen, können Banken die Kredite kündigen, die Verzinsung erhöhen oder Ziehungsrechte einschränken. Das könnte zu Liquiditätsengpässen führen – in einer Zeit, in der Cash für Unternehmen ohnehin King ist.

Holiday-Period für Kredite – ein Weg für Treasurer

Um das zu vermeiden, sollten Treasurer schon daher jetzt überprüfen, wie sich die Geschäftseinbrüche auf das Ebitda und die vereinbarten Finanzkennzahlen auswirken und „mit den Banken frühzeitig das Gespräch suchen, um eine ,Holiday-Period‘ für die Finanzkennzahlen zu vereinbaren“, raten Andreas Naujoks und Nikolai Warneke, beide Partner bei der Wirtschaftskanzlei Noerr und auf die Beratung bei Finanzierungstransaktionen spezialisiert.

„Holiday-Periods sehen wir regelmäßig in Restrukturierungen“, sagen die beiden Rechtsanwälte. Sie seien an sich nichts Neues, auch wenn sie bislang eher in Einzelfällen und noch nicht auf breiter Front beantragt worden seien. Während solch einer Holiday-Period, die ein bis zwei Quartale, manchmal aber auch ein Jahr dauern, werden die Financial Covenants weiter gefasst oder sogar ganz ausgesetzt.

Treasurer sollten an MAC-Klausel denken

Neben einem möglichen Covenant-Bruch könnte Treasurern auch von einer anderen Seite Ungemach drohen. Denn Kreditgeber können mit Hilfe sogenannter „Material Adverse Effect“ (MAE) oder „Material Adverse Change“ (MAC)-Klauseln bei unvorhergesehenen Ereignissen die Reißleine zu ziehen.

Diese beiden Klauseln, die in der Regel in allen Konsortial- und bilateralen Kreditverträgen in irgendeiner Form enthalten sind, räumen Kreditgebern umfassende Rechte ein: Laut den beiden Anwälten berechtigen sie Banken, einen Kreditvertrag zu kündigen oder Ziehungen zu verweigern, sofern sich die Geschäftstätigkeit, die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage oder die Ertragsaussichten eines Kreditnehmers wesentlich nachteilig verändert haben oder voraussichtlich verändern werden.

„Ob auf der Corona-Epidemie beruhende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit oder die Ertragslage die Rechtsfolgen eines MAC auslösen können, hängt aber von den konkreten Umständen und der konkret vereinbarten MAC-Regelung ab“, sagen Naujoks und Warneke. Maßgeblich sei zum Beispiel, ob nach der konkreten Klausel die Verschlechterung bereits eingetreten sein muss oder nur droht.

Banken werden Kredite nicht im großen Stil kündigen

Für die Praxis geben die beiden Anwälte allerdings Entwarnung: Treasurer müssten trotz der Coronakrise nicht mit einer großen Kündigungswelle seitens der Kreditgeber rechnen. „Kündigungen allein aufgrund einer MAC-Klausel kommen in der Praxis selten vor, weil sie für den Kreditgeber riskant wären“, sagen die beiden Noerr-Anwälte und begründen ihre Einschätzung wie folgt: Nach dem gesetzlichen Leitbild setze eine außerordentliche Kündigung voraus, dass in den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintrete oder einzutreten drohe, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet werde.

„Dass das der Fall ist, muss der Kreditgeber im Zweifel nachweisen können“, sagen Naujoks und Warneke. „Deshalb gehen wir nicht davon aus, dass eine Bank allein wegen eines Verstoßes gegen eine MAC-Klausel die Finanzierungsbeziehung beenden wird.“ Da müsse schon mehr dazu kommen, beispielsweise ein tatsächlicher Covenant-Bruch.

Coronakrise bei neuen Krediten adressieren

Wenn Treasurer gerade einen neuen Kreditvertrag verhandeln, können sie gegebenenfalls ein Underwriting vereinbaren, um in der gegenwärtigen Situation Finanzierungssicherheit zu erhalten. Dabei verpflichtet sich die Bank, die als Konsortialführer agiert, einen bestimmten Kreditbetrag vollständig zu gewähren. Das gilt unabhängig davon, ob und inwieweit sich andere Banken am Konsortium beteiligen werden.

Bei diesen Verhandlungen sollten Treasurer auch die Auswirkungen der Coronakrise bei den Kreditgebern adressieren. „Ansonsten wird man sich im Nachgang fragen lassen müssen, warum das nicht berücksichtigt worden ist“, geben Naujoks und Warneke zu Bedenken.

Paulus[at]derTreasurer.de

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