Gleich zum Start von Credx emittierte die Deutsche Telekom einen zehnjährigen Schuldschein über die digitale Plattform.

Deutsche Telekom

23.02.18
Finanzen & Bilanzen

Deutsche Telekom platziert Schuldschein über Fintech Credx

Die Deutsche Telekom hat gleich zum Start einen Schuldschein über die digitale Emissionsplattform Credx platziert. Telekom-Kapitalmarktleiter Markus Schäfer sieht einige Vorteile in einer derartigen Vorgehensweise.

Immer mehr digitale Marktplätze zur Aufnahme von Fremdkapital entstehen. Mit Credx ist jetzt eine weitere Plattform gestartet, über die Unternehmen mit guter bis sehr guter Bonität Kapitalmarktemissionen platzieren können. Gleich zum Start platzierte die Deutsche Telekom einen zehnjährigen Schuldschein über 50 Millionen Euro bei Versicherungsgesellschaften des AXA-Konzerns, wie Credx am heutigen Freitag mitteilte.

Credx richtet sich im ersten Schritt an Dax-, MDax- und vergleichbare Unternehmen sowie an Kommunen, Stadtwerke und kommunalnahe Unternehmen. Eine Untergrenze für den Umsatz hat Credx eigenen Angaben zufolge nicht festgelegt. Die Plattform stehe Unternehmen jeder Größe offen, teilte das Fintech auf Anfrage von DerTreasurer mit. Voraussetzung für die Nutzung der Plattform sei aber ein bedeutender Finanzierungsbedarf sowie eine gute bis sehr gute Bonität, wenn auch kein Investmentgrade-Rating gefordert werde. Selbst ungeratete Unternehmen könnten den digitalen Marktplatz nutzen, heißt es weiter.

Unternehmen, die Mitglieder der webbasierten Plattform sind, können laut Credx Emissionen und Darlehensvergaben „anbahnen, verhandeln, abschließen und die Abwicklung steuern“. Die Plattform unterstütze den gesamten Emissions- und Vergabeprozess von der Strukturierung, über die Marktsondierung und den Vertragsabschluss bis zum Settlement.

Credx ersetzt Banken als Vermittler

Im Gegensatz zum traditionellen Emissionsprozess findet die Privatplatzierung von Anleihen, Schuldscheinen und Krediten ohne Vermittlung von Banken statt, d.h. die Transaktionen werden direkt zwischen den Emittenten und den Investoren angebahnt und abgeschlossen. Banken übernehmen lediglich beim Settlement Infrastrukturfunktionen. Credx fungiere bei der Emission stattdessen als „neutraler Vermittler“, betont die Plattform. Grundsätzlich können Banken den digitalen Marktplatz aber selbst als Mitglieder nutzen.

Da die Banken als Intermediäre wegfallen, werde der Emissionsprozess effizienter: „Credx hat die Emission von Schuldscheindarlehen endlich vereinfacht“, sagt Markus Schäfer, Leiter Kapitalmarkt der Deutschen Telekom. „Das Schuldschein-Segment war bislang den Anleihemärkten in Bezug auf Preis und Effizienz unterlegen. Die Credx-Plattform ergänzt unsere vorhandenen Kapitalmarktzugänge und ermöglicht es nun bei Schuldscheindarlehen Angebot und Nachfrage mit deutlich weniger Aufwand zueinander zu bringen.“ Emittenten könnten bei den Emissionskosten im Vergleich zum traditionellen Emissionsweg typischerweise etwa 50 Prozent sparen, heißt es seitens Credx.

Unterstützung bekommt Credx vom Industriemanager und Linde-Aufsichtratschef Wolfgang Reitzle, der kürzlich als Aktionär bei der Plattform eingestiegen ist. Scout24-Gründer Joachim Schoss ist seit einem Jahr an dem Fintech, das als reguliertes Finanzdienstleistungsinstitut durch die Bafin beaufsichtigt wird, beteiligt. Das Management (Vorstand und Aufsichtsrat), die beiden Investoren Reitzle und Schoss sowie einige Mitarbeiter halten die gesamten Anteile an dem 2015 gegründete Start-up.

Konkurrenz für andere Emissionsplattformen

Mit Credx bekommen andere digitale Emissionsplattformen wie Firstwire oder die European Private Placement Facility (EPPF) Konkurrenz. EPPF war im vergangenen Dezember mit einem Commercial Paper der DZ Bank als Plattform für die Emission jeglicher Art von Anleihen an den Markt gegangen. Firstwire wiederum möchte sich als Primär- und Sekundärmarktplatz für institutionelle Darlehen mit dem Fokus auf Schuldscheine etablieren.

Alle drei Plattformen stehen noch am Anfang. Bei Firstwire und EPPF sind noch keine Corporate-Transaktionen bekannt. Es muss sich erst noch zeigen, welcher der drei digitalen Marktplätze es gelingt, die Mehrheit der Treasurer anzusprechen. Vielleicht können sie auch nebeneinander bestehen, weil sie sich in unterschiedlichen Nischen etablieren.

Mit ihrem Geschäftsmodell, Unternehmen die direkte Abwicklung von Fremdkapitalfinanzierungen zu ermöglichen, machen sich solche Fintechs wie Credx und Firstwire aber nicht nur gegenseitig Konkurrenz. Sie greifen auch das angestammte Geschäft der Banken an. In einer globalen Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC aus dem Frühjahr 2017 räumten 88 Prozent der befragten Finanzdienstleister ein, dass sie Marktanteile an Finanz-Start-ups verlieren würden.

Global gesehen kooperierten der Umfrage zufolge aber auch schon 45 Prozent aller Finanzdienstleister mit Fintechs, in Deutschland sind es sogar schon sieben von zehn Banken. Credx, an dem kein Finanzinstitut beteiligt ist, sieht sich selbst jedoch nicht als Gegner der Banken. „Wir bieten den Treasurern vielmehr einen ergänzenden Kanal, um Fremdkapital aufzunehmen“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage von DerTreasurer.

Paulus[at]derTreasurer.de

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