EZB sucht neuen risikolosen Zins

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Die Europäische Zentralbank sucht nach einem neuen risikolosen Zins: Der bisher verwendete Eonia (European Overnight Index Average) wird ab 2020 nicht mehr der EU-Benchmark-Verordnung entsprechen. Als Ersatz für ihn schickt die EZB jetzt „Ester“, kurz für Euro Short Term Rate, ins Rennen. Die Zentralbank will den neuen, unbesicherten Tagesgeldsatz ab Oktober 2019 veröffentlichen. Ab diesem Sommer wird es bereits eine vorläufige Variante geben, den sogenannten Pre-Ester.

Neben diesem Referenzzins stehen aber noch zwei weitere Vorschläge für einen neuen risikolosen Zins im Raum: Der GC Pooling Deferred, der von der Deutsche-Börse-Tochter Stoxx produziert wird, und die Repo Funds Rate aus dem Nex-Konzern, der von dem US-Börsenbetreiber CME übernommen werden soll. „Es ist nicht abzusehen, welcher der drei Zinssätze sich als neuer risikoloser Zins durchsetzen wird“, kommentiert Rechtsanwalt André Frischemeier von CMS. „Den Ester wird die EZB aber ohnehin bereitstellen, ob die Wahl nun auf ihn fällt oder nicht.“

Euribor-Reform läuft weiter

Parallel zu der Entwicklung dieser neuen Zinssätze läuft der Versuch, den Referenzzins Euribor zu reformieren. „Während es für das Äquivalent Libor nicht unwahrscheinlich ist, dass dieser Zinssatz nach 2021 nicht mehr existieren wird, ist die Lage beim Euribor viel unklarer“, sagt Frischemeier. Derzeit ist das European Money Markets Institute (Emmi), das den Euribor veröffentlicht, dabei, eine hybride Berechnungsmethode für den Referenzzins zu entwickeln. Der Versuch, den Euribor ganz auf ein transaktionsbasiertes Modell umzustellen, war im vergangenen Jahr gescheitert.

„Es bleibt abzuwarten, ob diese Reformversuche Erfolg haben werden und den Vorgaben der EU-Benchmark-Verordnung genügen“, so Frischemeier. Wenn sie scheitern, dann könne der neue risikolose Zins, nach dem die EZB gerade sucht, durchaus auch zum Ersatz für den Euribor werden, spekuliert er. „Dann müsste, von diesem Zinssatz ausgehend, jedoch ein Modell gefunden werden, welches insbesondere Laufzeit- und Liquiditätsaufschläge berücksichtigt.“

Wie Treasurer sich vorbereiten können

Die unklare Nachfolge von Eonia und Euribor macht es für Unternehmen schwierig, sich auf die Umstellung vorzubereiten. Frischemeier rät, sich bei den bereits bestehenden Verträgen einen Überblick zu verschaffen, wo ein Wegfall von Eonia oder Euribor Auswirkungen haben würde. „Bei zukünftigen Verträgen ist dagegen besonderes Augenmerk auf Vertragsklauseln zur Bestimmung und alternativen Ermittlung des Zinssatzes zu legen. Im Einzelfall ist zudem das Einfügen von Musterklauseln zur erleichterten Vertragsänderung, die zum Beispiel von der LMA bereits vorliegen, empfehlenswert“, so Frischemeier.

Grundsätzlich sollten Treasurer dafür sorgen, dass nachträgliche Anpassungen an den Verträgen später ohne allzuviel Kopfzerbrechen möglich sind.

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Antonia Kögler ist Redaktionsleiterin bei DerTreasurer. Sie schreibt über Finanzierung und Asset Management und verfolgt alle Entwicklungen rund um das Thema Sustainable Finance.