Rewe

15.04.20
Cash Management & Zahlungsverkehr

Coronakrise: So saugen sich die Konzerne mit Liquidität voll

Adidas, Rewe, Airbus, Daimler, Deutsche Bahn, Tui: Diverse Großkonzerne füllen wegen der Coronakrise gerade ihre Liquiditätspuffer auf. Auf diese Instrumente setzen die Treasury-Chefs dabei.

Für die beiden Sparten der Rewe Gruppe könnte die Coronakrise kaum unterschiedlichere Folgen haben: Während das Supermarktgeschäft um die Marken Rewe, Penny und Billa zurzeit boomen dürfte, leidet die Touristiksparte der Kölner unter der Pandemie. Angesichts der Unsicherheit, wie lange Ausgangsbeschränkungen, Kontaktsperren und Reisewarnungen noch gelten, halten sich derzeit viele Leute mit Urlaubsbuchungen zurück.

Um sich „für alle möglichen finanziellen Herausforderungen, die sich aus der Krise noch ergeben können“ zu rüsten, wie Rewe-CFO Christian Mielsch sagt, hat der Konzern deshalb jetzt eine neue syndizierte Kreditlinie über 1 Milliarde Euro unterzeichnet. Sie ergänze als „ungezogene Reservelinie“ eine bereits bestehende Linie über 2 Milliarden Euro, die bis 2024 läuft, so Finanzchef Mielsch.

Der neue Kredit, den Commerzbank, DZ Bank, ING und SEB stellen, erhöht den kurzfristigen Liquiditätspuffer der Kölner: Die Linie könne innerhalb der kommenden 15 Monate flexibel genutzt werden, erklärt Mielsch: „Dank dieser Maßnahme verfügt unser Unternehmen insgesamt über Liquiditätsreserven in Höhe von aktuell mehr als 2,5 Milliarden Euro.“

Rewe, Airbus und Daimler erhöhen Kreditrahmen

Wie Rewe machen es derzeit viele deutsche Unternehmen: Sie schließen neue syndizierte Kredite ab oder stocken bestehende Linien auf, um sich für die Folgen der Coronakrise zu wappnen. Denn die Unsicherheit, ob das bestehende Cash-Polster ausreichen wird, ist riesig: In einer Umfrage unter Treasury-Chefs, die diese Publikation von Mitte März bis Anfang April durchgeführt hat, gaben 19 Prozent der Befragten an, dass sie im Zuge der Corona-Pandemie mit Liquiditätsengpässen rechnen. Immense 38 Prozent trauten sich zum damaligen Zeitpunkt noch keine Einschätzung zu.

Als einer der ersten Konzerne hatte deshalb der deutsch-französische Flugzeugbauer Airbus bereits Ende März eine bestehende Revolving Credit Facility (RCF) um 10 Milliarden Euro auf 15 Milliarden erweitert. Das Underwriting für die Aufstockung stellten fünf großen Banken aus Europa, Großbritannien und den USA. Der Autobauer Daimler sicherte sich kurz darauf sogar einen 12-Milliarden-Euro schweren neuen Konsortialkredit.

Rewe, Airbus und Daimler sind dabei nur die bekannten Fälle. Nach Informationen von DerTreasurer verhandeln derzeit mindestens zwei weitere Dax-Konzerne mit ihren Banken über eine Ausweitung des Kreditrahmens. Ein Schweizer Top-Unternehmen hat für wichtige Tochtergesellschaften, die in Ländern mit Kapitalverkehrskontrollen aktiv sind, derweil bereits bilaterale Linien bei lokalen Banken aufgesetzt.

VW, Deutsche Bahn und Co. zapfen Bondmarkt an

Auch am Anleihemarkt, der für Investmentgrade-Emittenten wieder offen ist, saugen sich die Unternehmen derzeit mit Liquidität voll: So platzierte Volkswagen Financial Services kürzlich drei neue Anleihen über 2,15 Milliarden Euro. Allerdings mussten die Wolfsburger dafür deutlich tiefer in die Tasche greifen als noch vor einem Jahr. Auch Daimler musste bei einer 1,5-Milliarden-Euro-Transaktion höhere Finanzierungskosten akzeptieren als zuletzt üblich.

Die Deutsche Bahn hat kurz vor Ostern bereits zum fünften Mal in diesem Jahr den Bond-Markt angezapft. Der Staatskonzern, bei dem das Reiseaufkommen derzeit wegen des Coronavirus nur bei 10 bis 15 Prozent des sonst üblichen Niveaus liegt, platzierte eine Anleihe über 750 Millionen Euro. Insgesamt hat die Bahn in diesem Jahr bereits 2,6 Milliarden Euro am Euro-Fremdkapitalmarkt aufgenommen.

Weitere Emissionen gab es in den vergangenen Tagen von E.on (Green Bond über 750 Millionen Euro), Vonovia (1 Milliarde Euro), Heidelberg Cement (650 Millionen Euro) und Fresenius (750 Millionen Euro).

Tui sichert sich KfW-Kredit

Beim Reisekonzern Tui, der Mitte März nahezu sämtliche Pauschalreisen, Flüge und Kreuzfahrten auf Eis legen musste, ist die Liquiditätslage dagegen so ernst, dass er trotz Kurzarbeit und anderer Cash-Schonungs-Maßnahmen auf Staatshilfe angewiesen ist. Die Hannoveraner nahmen deshalb als erstes deutsches Unternehmen das zur Bewältigung der Coronakrise aufgelegte KfW-Sonderprogramm für Konsortialkredite in Anspruch.

Dabei übernimmt die Förderbank 80 Prozent des Kreditrisikos von den Hausbanken. Diese hatten Tui 2014 einen RCF über 1,75 Milliarden Euro gewährt, der bis Juli 2022 läuft. Zudem erhält der Reisekonzern frische Mittel über 1,8 Milliarden Euro von der KfW. Die neue KfW-Tranche läuft bis Oktober 2021. Sie verlängert sich aber automatisch bis Juli 2022, sofern es Tui gelingt, einen im Oktober 2021 fälligen Bond über 300 Millionen Euro „rechtzeitig“ zu refinanzieren, wie es heißt.

„Tui und Adidas haben sich als erstes deutsche Unternehmen die KfW in die Konsortialfinanzierung geholt. Weitere Konzerne könnten folgen."

Außerdem hat der Konzern die Aussetzung der Financial Covenants mit den Banken vereinbart. Diese sahen unter anderem vor, dass die Nettoverschuldung nicht das Dreifache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) überschreitet. 

Puma und Lufthansa als weitere Kandidaten

Tui hat sich damit als erstes deutsches Unternehmen die KfW in die Konsortialfinanzierung geholt. Ähnliche Konstruktionen könnten aber schon bald folgen, denn der F.A.Z zufolge lagen der Förderbank zuletzt rund zehn solcher Anträge vor. Gerade hat sich der Sportartikelhersteller Adidas ein KfW-Darlehen über 2,4 Milliarden Euro gesichert. Als weitere Kandidaten gelten der Konkurrent Puma und die Lufthansa, für die auch eine direkte Staatsbeteiligung im Gespräch ist.

Deutlich mehr Anträge liegen der KfW bereits für ihre beiden anderen Förderprogramme vor, dem ERP-Gründerkredit sowie dem KfW-Unternehmerkredit, die sich an kleinere bis mittelgroße Firmen wenden. Hier kann jedes Unternehmen maximal 1 Milliarde Euro beantragen, doch je nach Firmengröße ist die Kreditsumme deutlich darunter gedeckelt.

In jedem Fall dürfte die KfW für die Finanzierung der Konzerne an Bedeutung gewinnen: In der Umfrage unter Treasury-Chefs von DerTreasurer gaben 11 Prozent der Befragten an, dass Sie sich um KfW-Krediten bemühen wollen.

Backhaus[at]derTreasurer.de

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