Scholz und Putin besprachen die Situation rund um die Ukraine.

picture alliance/dpa/ POOL Sergei Guneyev Kay Nietfeld

16.02.22
Cash Management & Zahlungsverkehr

Ukraine-Krise: Treasurer bangen um Zahlungsverkehr mit Russland

Die Situation rund um Russland und die Ukraine bleibt angespannt. Wie können Zahlungen im Fall der Fälle, speziell nach Abschalten des Swift-Netzwerks, mit Russland geleistet werden? Das ist der Diskussionsstand.

Die Situation rund um Russland und die Ukraine bleibt weiterhin anspannt. Nachdem der US-Geheimdienst zuletzt gewarnt hatte, dass Russland am heutigen Mittwoch eine Invasion starten wolle, stellte sich gestern etwas Entspannung ein. Russland hat einzelne Truppen von der Grenze zur Ukraine abgezogen. Olaf Scholz und Putin hatten gestern Nachmittag mehrere Stunden über die angespannte Lage geredet. 

Die Finanzmärkte preisen einen Krieg derzeit nicht ein, so eine Kurzstudie der UBS. Dennoch gilt die Krise noch nicht als gänzlich überwunden. Die akute Kriegsgefahr bleibt bestehen.

EU dürfte mit harten Sanktionen antworten

Russlands aggressives Verhalten hatte dazu geführt, dass die USA und die EU wirtschaftliche Sanktionen verhängen wollen. Unter anderem lautet ein Vorschlag, der vor allem von amerikanischer Seite kam, Russland aus dem internationalem Zahlungsverkehrsnetzwerk Swift auszuschließen. 

Der Rauswurf wäre einschneidend, da Swift das größte internationale Zahlungsnetzwerk der Welt ist und Zahlungsflüsse von und nach Russland deutlich eingeschränkt würden. Das träfe auch deutsche Unternehmen, die mit russischen Handel treiben. Speziell die Treasurer fragen sich, wie dann überhaupt noch Zahlungen getätigt werden könnten – etwa bei russischen Vertriebsgesellschaften, die das erwirtschaftete Geld nach Deutschland oder in den Euro-Raum überweisen sollen. Die Verbindungen deutscher Unternehmen mit Russland sind vielfältig. Deshalb prüfen vielerorts Arbeitsgruppen, wie man mit der Situation umgeht, auch unter Einbindung der Treasury-Abteilungen.

Wie wahrscheinlich ist der Swift-Ausschluss?

Doch wie wahrscheinlich ist der Swift-Ausschluss? Und hätte er die gewollten Konsequenzen? Inzwischen halten von DerTreasurer befragte Banker, eine Abkoppelung von Russland aus dem Swift-Netzwerk für eher unwahrscheinlich. Grund dafür sei etwa, dass Russland ohne Swift andere Wege gehen könnte, beispielsweise Zahlungen über China abwickeln. Würden sich hier neue Anbieter etablieren, wäre die Situation aus westlicher Sicht noch unübersichtlicher. 

Der Fall Russland sei anders gelagert als der Fall Iran. Hintergrund: Im Zuge des Streits um dessen Atomprogramm hatte die EU Swift im März 2012 angewiesen, keine Überweisungen an iranische Banken mehr vorzunehmen. Die Sanktionen wurden später aufgehoben, doch im November 2018 sperrte Swift bestimmte iranische Banken wegen neuer US-Sanktionen erneut. Hier lautet die Einschätzung der Fachleute: So einfach wie im Falle Iran wäre es bei Russland nicht, da es zu Russland deutlich mehr Zahlungsverbindungen gebe als zum Iran. Diese Einschätzung deckt sich auch mit einer „Reuters“-Meldung aus der vergangenen Woche, wonach Vertreter der USA und der EU sich darauf geeinigt hätten, auf einen Swift-Ausschluss zu verzichten.

Doch noch wagt niemand im Gespräch mit DerTreasurer, diese Option komplett auszuschließen. 

Sanktionen gegen russische Banken

Es komme zudem sehr stark darauf an, welche Sanktionen verhängt werden, ist zu hören. Denn neben dem Swift-Ausschluss wird momentan die Sanktion von russischen Banken diskutiert. Auch das könnte weitreichende Auswirkungen haben. Ein Banker sagte im Hintergrundgespräch, dass für ihn die zentrale Frage sei, ob neben „rein-russischen“ Banken wie der VTB oder Sberbank auch Tochtergesellschaften von international agierenden Banken betroffen wären. 

Die Finanzindustrie zeigt sich hier zunehmend vorsichtig: Vergangene Woche machte beispielsweise die italienische Unicredit einen Rückzieher bei einer potentiellen Akquisition in Russland.

Nach den zahlreichen Krisentreffen der vergangenen Tagen zwischen den USA, Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine ist bisher nur eines klar: Die Lage ist kompliziert. Treasurer müssen wachsam bleiben.

brendel[at]dertreasurer.de