Vor großen Ankündigungen schrecken Start-ups nicht zurück. Diese hatte es aber wirklich in sich: Ende Oktober verkündete R3, man baue gemeinsam mit 22 Mitgliedsbanken eine Plattform auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), um grenzüberschreitende Zahlungen zu beschleunigen und preiswerter zu machen. Der Prototyp solle bereits Ende dieses Jahres fertig sein. Beteiligt an der Entwicklung seien unter anderem namhafte Häuser wie Barclays, BBVA, HSBC und die Commerzbank.
Für viele Beobachter las sich diese Ankündigung wie ein Angriff auf den Finanznachrichtendienstleister Swift. Die Bankgenossenschaft gilt heute als Rückgrat des internationalen Zahlungsverkehr: Über ihr Netzwerk können weltweit mehr als 10.000 Banken miteinander kommunizieren und Zahlungen initiieren.
Weil Swift aber kein globales Clearing-Netzwerk ist und ein solches auch nicht existiert, erfolgt die Verbuchung internationaler Zahlungen über Korrespondenzbanken. Doch diese Fragmentierung führt – zum Leidwesen vieler Corporate Treasurer – immer wieder zu Fehlern. Die Folge sind teils erhebliche Verzögerungen bei der Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen.
R3 plant, Zahlungsverkehr erheblich zu beschleunigen
Genau hier will R3 ansetzen, wie Matt Richardson und Charley Cooper von R3 im Gespräch mit DerTreasurer erklären. „Wir wollen eine Brücke zwischen den nationalen Zentralbanksystemen bauen, indem wir eine Zahlung vom ersten bis zum letzten Schritt digital nachvollziehen“, beschreibt Richardson das ehrgeizige Ziel der neuen Plattform. Fehler sollen so von vorneherein vermieden und die Gutschrift der Zahlung erheblich beschleunigt werden. DLT helfe dabei, weil sie eine direkte Interaktion zwischen den beteiligten Parteien ermögliche.
„So lässt sich eine Transaktion komplett validieren, bevor sie überhaupt ausgelöst wird“, erklärt Richardson. Dafür muss R3 zunächst bereits existierenden Währungen digital abbilden. Im zweiten Schritt geht es dann um die Interaktion zwischen den verschiedenen nationalen Zahlungsinfrastrukturen.
Ziel von R3: Weiterentwicklung bestehender Systeme
Mit seiner Lösung wolle R3 Swift aber keine Konkurrenz machen, beteuert Charley Cooper. Das Gegenteil sei der Fall: „Wir wollen Infrastrukturanbieter wie Swift dazu befähigen, ihre Systeme mit neuen Technologien besser und effizienter zu gestalten.“ Nicht Disruption, sondern die Weiterentwicklung bestehender Systeme sei das Ziel. Daher arbeite man mit Swift zusammen: „Internationale Zahlungen werden auch weiterhin über Swift-Nachrichten initiiert“, erklärt Cooper.
Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern man Swift als Intermediär künftig überhaupt noch benötigt, wenn Banken über eine DLT-basierte Plattform direkt miteinander in Kontakt treten können. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik.
Für R3 ist Disintermediation, also die Umgehung der Geschäftsbanken, ein heikles Thema, schließlich sind ihre Anteilseigner ausschließlich Kreditinstitute. Letztere verdienen bekanntlich ihr Geld ebenfalls als Vermittler und Dienstleister. Entsprechend wenig Interesse dürften die Banken daran haben, dass sich Großkonzerne wie etwa Handelsriesen mit einem hohen Zahlungsverkehrsvolumen selbst direkt an die DLT-Plattform anschließen. Technisch ist das laut R3 möglich, doch am Ende entscheiden die Banken.
Diese sind nun auch am Zug, den weiteren Projektplan zu definieren. „Wir bei R3 konzentrieren uns jetzt darauf, den Prototypen der Plattform fertig zu stellen“, sagt Richardson. Wer deren Betreiber sein soll, welchen rechtlichen Rahmen sie erhält und wann weitere Banken aufgenommen würden, dass müssten die an der Entwicklung beteiligten 22 Häuser festlegen. Grundsätzlich seien erste Live-Transaktionen im Laufe des Jahres 2018 denkbar.
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