Die Commerzbank arbeitet bei der Zahlungsabwicklung künftig mit dem Zahlungsspezialisten Equens Worldline zusammen.

Commerzbank AG

24.07.18
Cash Management & Zahlungsverkehr

Commerzbank lagert Zahlungsverkehr aus

Es ist ein überraschender Schritt: Die Commerzbank lässt künftig das Gros ihrer Zahlungen von einem externen Dienstleister abwickeln. Was will die Bank damit erreichen?

Die Commerzbank lagert Teile ihrer IT-Systeme im Zahlungsverkehr an einen externen Dienstleister aus. Hierfür hat das Kreditinstitut eine strategische Partnerschaft mit Equens Worldline geschlossen. Das teilte der zum französischen IT-Konzern Atos gehörende Zahlungsabwickler mit. Demnach wird Equens Worldline in den kommenden zehn Jahren alle Sepa-, Echtzeit-, währungsübergreifenden und inländischen Zahlungen für die Commerzbank ausführen. Das entspricht etwa 4 Milliarden Transaktionen jährlich und damit einem Großteil des Zahlungsverkehrs der gelben Bank.

Eine Umstellung in zwei Phasen solle einen schnellen und reibungslosen Übergang ermöglichen, heißt es seitens des Zahlungsabwicklers: Zunächst übernimmt Equens Worldline die Verwaltung der bestehenden Zahlungssysteme der Commerzbank. Dieser Übergang ist bereits angelaufen. In der zweiten Phase soll dann eine echtzeitfähige Plattformlösung von Equens Worldline die Mehrheit der Commerzbank-Systeme ersetzen.

Darüber hinaus wird das Geldhaus auch ihre Swift-Infrastruktur an Equens Worldline auslagern. Das haben die beiden Partner bereits vor einiger Zeit vereinbart.

Commerzbank will sich auf Digitalisierung konzentrieren

Für eine Großbank ist das ein ungewöhnlicher Schritt, schließlich gibt die Commerzbank damit ihren Zahlungsverkehr nahezu vollständig in externe Hände. Ziel der Auslagerung sei, sich „voll und ganz auf die Digitalisierung und den strategischen Umbau zur Commerzbank 4.0 zu konzentrieren“, erklärte Christian Rhino, Bereichsvorstand Banking Operations bei der Commerzbank.

Im Rahmen dieser Strategie hat Vorstandschef Martin Zielke das Ziel ausgegeben, die Commerzbank zum Technologiekonzern umzubauen. 80 Prozent der Prozesse will er in den kommenden Jahren digitalisieren, 700 Millionen Euro steckt die Commerzbank deshalb jährlich in innovative Projekte und Informationstechnik.

Banken müssen viel in Zahlungsinfrastruktur investieren

Das Betreiben einer eigenen Zahlungsinfrastruktur gehört allerdings offenbar künftig nicht mehr zu den Kernkompetenzen der Commerzbank. Das dürfte auch daran liegen, dass in den kommenden Jahren signifikante Investitionen notwendig werden dürften – die Stichworte lauten Instant Payments, offene Schnittstellen im Zuge der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 sowie mehr Transparenz und Geschwindigkeit im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr dank Swift GPI oder Blockchain-Initiativen wie Ripple.

Die Commerzbank ist nun die erste Bank, die diesen radikalen Schritt geht, dürfte laut Equens Worldline aber nicht die einzige bleiben: „Wir sind derzeit mit vielen Banken in Europa im Gespräch und sehen ganz klar, dass die Banken mehr und mehr ihr Geschäftsmodell im Zahlungsverkehr auf den Prüfstand stellen", erklärte ein Sprecher auf Anfrage von DerTreasurer. Ziel der Häuser sei es, sich auf die Schnittstelle zum Kunden zu konzentrieren, und durch Outsourcing der Abwicklung Kosten und Komplexität im Backoffice zu reduzieren.

„Die teilweise veraltete Infrastruktur holt viele Banken ein“, sagte Michael Steinbach, CEO von Equens Worldline, bereits im Sommer vergangenen Jahres zu DerTreasurer gesagt: „Ihre bankinterne IT-Infrastruktur, wie etwa das Rechnungswesen, vollumfänglich echtzeitfähig zu machen wird die Häuser im Schnitt mehr kosten als die Euro-Einführung.“

Auch andere Zahlungsverkehrsspezialisten positionieren sich, um für die Banken Zahlungen in Echtzeit zu verarbeiten. Einer von ihnen ist Sia. Der Anbieter, der mehrheitlich im Besitz staatlicher italienischer Beteiligungsgesellschaften ist, steckt als Technologiepartner hinter dem paneuropäischen Clearingsystem RT1. „Kernaufgabe der Banken sollte das Frontend-Geschäft mit Kunden sein“, glaubt Cristina Astore, International Division Direktor von Sia. Leistungsfähige Systeme könnten externe Anbieter bauen, die das nötige Wissen haben und Skaleneffekte erzielen.

Commerzbank geht anderen Weg als HVB und Sparkassen

Mit der Auslagerung des Zahlungsverkehrs geht die Commerzbank einen anderen Weg als die Hypovereinsbank und die Banken des Sparkassenverbunds, die ihren Kunden bereits heute Echtzeitzahlungen anbieten. Ab wann Kunden der Commerzbank Instant Payments ausführen können, bleibt dagegen weiter ungewiss.

„Instant Payments befinden sich in einem frühen Stadium. Wir entwickeln aktuell unseren Implementierungsplan, weil wir unseren Kunden diese Bezahlart anbieten möchten“, erklärte ein Pressesprecher auf Anfrage von DerTreasurer. „Der genaue Zeitpunkt ist jedoch abhängig von dazugehörigen nutzenstiftenden Dienstleistungen, die für unsere Kunden über die bestehenden Bezahlarten im Electronic Banking hinausgehen müssen.“ Diese Dienstleistungen müssten sich noch weiter herausbilden und an die Zahlungsfunktionen der Kreditinstitute angebunden werden.

Die Commerzbank hatte sich bislang bezüglich der Instant Payments sehr zurückhaltend geäußert. Im Herbst vergangenen Jahres erklärte die Bank auf Anfrage von DerTreasurer, man könne sich eine Einführung „vorstellen“. Mit der jetzigen Ankündigung wird das Thema Echtzeitüberweisung bei der Commerzbank immerhin etwas konkreter.

Paulus[at]derTreasurer.de

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