Seit kurzem ist klar: Santander übernimmt das Kerngeschäft des insolventen Skandalkonzerns Wirecard. Dazu gehören die europäische Technologieplattform des Zahlungsdienstleisters sowie die Mitarbeiter im Geschäftsbereich Acquiring & Issuing. Die Frage ist allerdings: Wie viel von diesem Geschäft ist noch übrig? Viele Wettbewerber von Wirecard haben die vergangenen Monate dazu genutzt, Kunden und Mitarbeiter abzuwerben.
So auch der Zahlungsabwickler Computop: „Wir haben rund 30 Kunden aus dem ehemaligen Wirecard-Portfolio gewonnen“, berichtet Ralf Gladis, CEO und Mitgründer von Computop. Das in Bamberg ansässige Unternehmen wickelt eigenen Angaben zufolge knapp 30 Prozent des E-Commerce-Volumens in Deutschland ab. Zu den Kunden im Zahlungsverkehr gehören etwa der Autovermieter Sixt, der Großhändler Metro und der Versandhändler Otto.
Computop holt Ex-Mitarbeiter von Wirecard
CEO Gladis räumt ein: „Auch ich habe Wirecard falsch eingeschätzt und neidisch auf den vermeintlichen Erfolg geschaut.“ Allerdings sei das Aschheimer Unternehmen in Europa ohnehin ein eher kleiner Player in der Zahlungsabwicklung gewesen, so Gladis: „In vielen Ausschreibungen ist uns Wirecard früher gar nicht begegnet.“ Relevanter seien hierzulande Wettbewerber wie Adyen aus den Niederlanden oder – bei kleinen Firmen – Payone.
Computop hat außerdem sechs ehemalige Mitarbeiter von dem Skandalunternehmen geholt. „Wirecard hatte viele gute Leute“, meint Gladis. „Die Produktmanager, Projektmanager und IT-Experten können nichts für das Verhalten des Top-Managements.“ Der Computop-CEO rechnet nun jedoch mit mehr Regulierung für die gesamte Branche der Zahlungsabwickler: „Da kommt einiges auf uns zu, das spüren wir jetzt schon.“
„Wirecard hatte viele gute Leute.“
Computop-Chef lässt M&A im Zahlungsverkehr kalt
Die Branche ist stark in Bewegung: Gerade haben sich die französischen Konzerne Worldline und Ingenico zusammengeschlossen und einen der weltweit größten Zahlungsabwickler geschmiedet, Nexi aus Italien übernimmt die dänische Nets.
Kann Computop als privatgeführter Mittelständler da mithalten? Ja, meint Gladis, der die M&A-Aktivitäten in seiner Branche gelassen verfolgt: „Die Bedeutung von Skaleneffekten wird überstrapaziert. Viel wichtiger als ein großes Transaktionsvolumen sind hohe Automatisierungsgrade, gute Technologien und eine effiziente Aufstellung.“ Als kleine Organisation könne man schneller und agiler arbeiten als die großen Wettbewerber: „Die werden durch die Integration jetzt erstmal mit sich selbst beschäftigt sein“, glaubt Gladis.