Schuldscheinmarkt am Scheideweg

Der Schuldscheinmarkt bleibt robust, wird wohl aber nicht an das Rekordjahr 2022 herankommen, zeigt eine aktuelle Analyse von Scope. Im ersten Halbjahr von 2023 wurden Schuldscheine in Höhe von 12 Milliarden Euro emittiert. Insgesamt waren 50 Emittenten am SSD-Markt aktiv. Vor der Sommerpause rechnet Scope mit einem zusätzlichen Emissionsvolumen in Höhe von 1 Milliarde Euro von mehr als 10 Emittenten.

Die Prognose des Ratinghauses ist, dass im gesamten Jahr Schuldscheine in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro emittiert werden. Das entspricht in etwa dem Volumen, das 2020 und 2021 erreicht wurde, liegt aber weit hinter dem Rekordjahr 2022 mit einem Volumen von 31 Milliarden Euro. 

Gründe für die Prognose sind, dass einige Frequent Issuer den Schuldscheinmarkt bereits angezapft haben und sich gleichzeitig der Pricing-Vorteil von Schuldscheinen gegenüber Unternehmensanleihen verringert hat. 

Schuldscheinmarkt weniger international

Scope geht zudem davon aus, dass die Anzahl der Neuemittenten in diesem Jahr stark einbrechen wird. Schon jetzt ist ein starker Rückgang bei First Issuers zu verzeichnen, der Anteil der neuen Schuldscheinemittenten ist auf 16 Prozent gefallen. Betrachtet man das gesamte Jahr 2022 lag der Anteil immerhin bei 28 Prozent.  

Das Ratinghaus sieht hierbei einen Zusammenhang mit den internationalen Emittenten: Besonders französische und belgische Emittenten fehlten im ersten Halbjahr von 2023. Das liege daran, dass viele von ihnen den Schuldscheinmarkt schon 2022 angezapft hätten, erläutert Scope. Im ersten Halbjahr von 2023 waren 74 Prozent aller Emittenten aus Deutschland. Im Jahr 2022 lag der Anteil deutscher Emittenten nur bei 61 Prozent. In den vergangenen Jahren hatte sich der früher von deutschen Konzernen dominierte Schuldscheinmarkt zunehmend internationalisiert, nun stelle man eine Art „Pause“ der Internationalisierung fest, so Scope. 

Auch Insolvenzen von Schuldscheinemittenten wie beispielsweise Peek & Cloppenburg könnten einen Einfluss auf die getrübte Stimmung haben, erläutern die Experten des Ratinganbieters. Nichtsdestotrotz rechnet Scope nicht mit großen Störungen im Schuldscheinmarkt.

Größte Schuldscheintransaktion jemals

Scope stellt auch einige große Schuldscheintransaktionen fest – im Gegensatz zum Vorjahr. Der größte Emittent in diesem Jahr war die Porsche Automobil Holding SE mit einem Schuldschein in Höhe von 2,7 Milliarden Euro – ein neuer Rekord am Schuldscheinmarkt. Damit ist der bisherige Rekordhalter ZF aus dem Jahr 2015 mit einer Transaktion über 2 Milliarden Euro abgelöst. 

Weitere deutlich kleinere Schuldscheine wurden beispielsweise von Fresenius (850 Millionen Euro), Rhenus (500 Millionen Euro) und Sixt (450 Millionen Euro) platziert. 

Mehr ESG-Deals als bei Bonds

Ebenfalls eine Besonderheit in diesem Jahr ist die Häufigkeit von Schuldscheinen mit Nachhaltigkeitsbezug. Mehr als 40 Prozent der in diesem Jahr emittierten Schuldscheine hatten einen ESG-Bezug, entweder über die Kopplung an ESG-Ziele oder in Form eines Green Schuldscheins.  

Damit ist der Anteil deutlich höher als bei Bonds, dort hat nur etwa ein Fünftel der Emissionen einen ESG-Bezug. Laut Scope spiegelt das wider, dass bei Schuldscheinen der Aufwand für Dokumentation und Marketing geringer sei. 

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Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Ihr Themenschwerpunkt ist Unternehmensfinanzierung.