
Anm. d. Red.: Dieser Text erschien zuerst am 13. November 2018 und wird laufend überarbeitet. Die letzte Überarbeitung erfolgte am 3. Dezember 2021.
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Anm. d. Red.: Dieser Text erschien zuerst am 13. November 2018 und wird laufend überarbeitet. Die letzte Überarbeitung erfolgte am 3. Dezember 2021.
Ursprünglich gab es in der Kapitalmarktkommunikation zwei streng getrennte Lager: Die Eigen- und die Fremdkapitalkommunikation. Während die einen sich darum kümmerten, dass möglichst viele Investoren Unternehmensaktien kauften, holten die anderen Fremdkapitalinvestoren über Anleihen oder Schuldscheine an Bord. Entsprechend war auch die Finanzabteilung aufgeteilt: Beide Seiten hatten ihre Ansprechpartner. Die Treasurer kümmerten sich vor allem um Fremdkapitalinvestoren, Investor-Relations-Verantwortliche um Equity-Investoren.
Aber diese klar zweigeteilte Welt löst sich langsam auf: „Die Aufgabe der Investor Relations wandelt sich immer mehr: Früher war in der IR von der Equity Story die Rede. Mittlerweile versuchen Konzerne, eine einheitliche Kapitalmarktstory zu erzählen“, sagt Kay Bommer, Geschäftsführer beim Deutschen Investor Relations Verband (DIRK).
Immer häufiger sind es Treasury-Spezialisten, die auch die Investor Relations verantworten: Oliver Stratmann leitet bei dem Spezialchemiekonzern Lanxess die Bereiche Treasury und IR. Und der Gabelstaplerhersteller Kion hat die Verantwortung für beide Bereiche bei Johannes Borsche gebündelt. Auch die Autobauer Volkswagen und Daimler sowie der Portalbetreiber Scout24 haben die Bereiche Treasury und IR in die gleichen Hände gelegt.
Das geschieht nicht ohne Grund: Treasurer bringen einige Fähigkeiten mit, die für die IR-Arbeit ihrer Konzerne sehr wertvoll sein können. „Treasurer können beispielsweise detaillierte Fragen zu latenten Steuern nach dem Bilanzierungsstandard US-GAAP beantworten“, sagt DIRK-Geschäftsführer Bommer. Die wichtigsten Finanzkennzahlen kennen sie ohnehin durch ihre tägliche Arbeit. Das kommt bei vielen Investoren gut an.
„Es gibt eine Reihe an Fragen, die ich als Treasurer mit Rechnungswesenerfahrung besser beantworten kann“, sagt auch Alexander Foltin, der als Leiter der Abteilung Finance und Treasury seit März 2018 auch für die Investor Relations von Infineon zuständig ist.
Damit ist Foltin für die gesamte Finanzkommunikation des im Dax notierten Chipherstellers verantwortlich ist. Bei Buchhaltungs- und Steuereffekten, bei Finanzinstrumenten sowie bei Detailfragen zu der Gewinn-und-Verlust-Rechnung fühlt er sich fitter als seine Kollegen mit klassischer IR-Ausbildung.
Zwar bietet Treasurern der Schritt in die IR-Abteilung einige Vorteile, doch einfach ist er nicht. Viele stellen vor allem die hohen Anforderungen an die Kommunikation vor Probleme. Einfach nur die Finanzkennzahlen herunterrattern? Das genügt nicht mehr. Treasurer müssen als IR-Manager viel mehr als Verkäufer des Unternehmens auftreten. „Es kommt viel stärker darauf an, die Erwartungen und die richtigen Zwischentöne zu treffen“, sagt Infineon-Treasurer Foltin. Das Nichtgesagte könne eine größere Rolle spielen als das tatsächlich Kommunizierte.
Vor allem die Art und Weise der Übermittlung spielt eine entscheidende Rolle: „IR-Chefs müssen ihre Message klar herüberbringen“, sagt Gisbert Ulmke, Verwaltungsrat beim Verband Deutscher Treasurer (VDT). Ein kleiner Stotterer kann große Auswirkungen haben. „Wenn eine Frage kommt und man sagt, man habe sich dazu noch keine Gedanken gemacht, kann das ebenfalls fatale Auswirkungen haben.“
Ulmke hat den Sprung aus dem Treasury in die IR Anfang der 2000er gewagt. Er rät Treasurern, sich ein Jahr Zeit zu nehmen, um das Unternehmen detailliert kennenzulernen – vor allem in Bezug auf IR-relevante Themen. „Zudem sollte man den CEO und CFO genau beobachten.“ Er hat noch einen weiteren Tipp: „Learning by Doing ist in den ersten Monaten besonders wichtig. Da darf man nicht scheu sein.“
„Learning by Doing ist in den ersten Monaten besonders wichtig. Da darf man nicht scheu sein.“
Auch wenn der Schritt in die Investorenkommunikation kein kleiner ist, kann er sinnvoll sein, wenn man als Treasury-Experte seinen Horizont erweitern will. Hilfreich ist auch, dass die IR sehr offen für Quereinsteiger ist.
IR-Kenntnisse können die Karriere beflügeln, da die als Spezialisten geltenden Treasurer zeigen, dass sie mehr können. Das steigert den Wert. Dadurch qualifizieren sie sich potentiell für einen Wechsel in eine weitere Abteilung, beispielsweise ins Controlling. So rückt Schritt für Schritt ein Aufstieg zum Leiter Finanzen oder gar zum CFO in Reichweite. Dieser Weg ist klassischen Treasury-Spezialisten oft versperrt.
Treasurer, die in die IR wollen, sollten sich aber kritisch hinterfragen, ob sie den kommunikativen Anforderungen gewachsen sind. Infineons Alexander Foltin hat den Schritt gewagt – und ist sehr zufrieden: „Das ist natürlich eine Herausforderung“, sagt er. „Aber man wächst mit seinen Aufgaben, und die kommunikativere Arbeit gefällt mir sehr.“
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