Das KfW-Kreditprogramm, das vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen unterstützt, ist in dieser Woche gestartet.

KfW-Bildarchiv / Thorsten Futh

10.05.22
Finanzen & Bilanzen

Erste Firmen fragen Ukraine-Hilfskredite der KfW an

Seit Beginn dieser Woche können vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen KfW-Hilfskredite beantragen. Die ersten Firmen fragen bereits danach, wie eine Bankenumfrage von DerTreasurer zeigt.

Der Ukraine-Krieg hat auch für deutsche Unternehmen spürbare Folgen. Manche sind direkt in ihrem Geschäft in Russland oder in der Ukraine betroffen, andere indirekt durch gestiegene Energie- und Rohstoffpreise oder gestörte Lieferketten. Für diejenigen, die es besonders hart trifft, hat die Bundesregierung ein Hilfspaket aufgelegt. Die ersten beiden Maßnahmen daraus – das KfW-Kreditproramm und die Erweiterungen der Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme – sind bereits startklar und von der EU-Kommission genehmigt.

Seit Beginn dieser Woche können „vom Ukraine-Krieg nachweislich betroffene Unternehmen“ Anträge für das KfW-Kreditprogramm stellen. „Unternehmen aller Größenklassen und Branchen erhalten darüber Zugang zu zinsgünstigen Krediten mit weitgehender Haftungsfreistellung der Hausbanken“, erklärten das Bundeswirtschafts- und das Bundesfinanzministerium.

Das KfW-Programm besteht aus zwei Varianten: zum einen können Unternehmen Kredite bis zu einem Kreditvolumen von 100 Millionen Euro über das standardisierten Durchleitgeschäft über ihre Hausbanken beantragen.Zum anderen gibt es die Möglichkeit, dass die KfW individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen unterstützt.

Eckpunkte des Ukraine-KfW-Kreditprogramms

-    zwei Programmkomponenten: Kredite im Standardverfahren über Hausbanken bis zu einem Kreditbetrag von 100 Mio. Euro und individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen.
-    Unternehmen werden ohne Umsatzgrößenbeschränkung gefördert.
-    Investitions- und Betriebsmittelkredite werden gefördert, 80%ige Haftungsfreistellung für Kredite an mittelständische Unternehmen (bis max. 500 Mio. Euro Jahresumsatz) und 70%ige Haftungsfreistellung für Kredite an große Unternehmen.
-    Konditionen: max. 6 Jahre Laufzeit, bis zu 2 tilgungsfreie Anlaufjahre, 6 Jahre Zinsbindung
-    Vergünstigter Zinssatz im Standardverfahren in Abhängigkeit von der Bonität des Unternehmens, der Besicherung des Kredits und der Refinanzierungsbedingungen am Kapitalmarkt
-    Programm ist bis Jahresende 2022 befristet.

Quelle: Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium

Bislang nur wenig Nachfrage nach Ukraine-Hilfskrediten

Erste Nachfragen zu den Ukraine-Hilfskrediten der KfW sind bereits bei den Banken eingegangen, wie eine Kurzumfrage von DerTreasurer zeigt, an der sich Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, ING, LBBW und Hypovereinsbank beteiligt haben. Von einem Ansturm, wie etwa zu Zeiten des ersten Corona-Schocks im Jahr 2020 kann aber keine Rede sein. So sagt ein Sprecher der Commerzbank: „Bislang haben wir nur wenige Kundenanfragen aus allen Bereichen bekommen. Eine Häufung zu bestimmten Unternehmensgrößen oder Branchen können wir noch nicht ausmachen.“

Seitens der LBBW heißt es dazu: „Aktuell sehen wir hier nur eine sehr geringe bis keine Nachfrage. Viele Kunden haben sich noch mit Liquidität über die Corona-Sonderprogramme eingedeckt.“ Auch bei der ING hält sich das Interesse aktuell „in Grenzen“. Bei der Deutschen Bank sind hingegen eigenen Angaben zufolge bereits erste Anfragen von „wenigen mittelständischen bis größeren Unternehmen“ angekommen.

Ähnlich sieht das Bild bei der Hypovereinsbank aus: „Bislang bewegt sich die Nachfrage im eher überschaubaren Rahmen“, sagt Andreas Wagner, der den Bereich Sonderfinanzierungen und damit auch das Förderkreditgeschäft bei der Hypovereinsbank leitet. Bisher hat die Bank eine zweistellige Anzahl von Anfragen über alle Unternehmensgrößen hinweg erhalten. „Derzeit ist das Anfrageaufkommen deutlich geringer als zu Beginn der Covid-19-Pandemie“, sagt Wagner. Aber in den vergangenen Tagen habe der Informationsbedarf seitens der Unternehmen bereits „spürbar angezogen“.

Höherer Prüfungsaufwand als bei Corona-Hilfskrediten

Voraussetzung für die Beantragung der Ukraine-KfW-Hilfskredite ist das Kriterium der Betroffenheit, die „aus den Sanktionen gegenüber Russland und Belarus oder den Kriegshandlungen in der Ukraine resultieren“, heißt es seitens des Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministeriums. So sind etwa Firmen, deren Umsatz durch einen weggebrochenen Absatzmarkt zurückgegangen ist, zu einer Antragsstellung berechtigt.

Auch Unternehmen, die Produktionsausfälle oder die Schließung von Produktionsstandorten in der Ukraine, in Belarus oder in Russland verkraften müssen, ebenso wie diejenigen, die Produktionsausfälle aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte nachweisen können, können auf die KfW-Hilfskredite zurückgreifen. Firmen, die besonders stark von den gestiegenen Energiekosten betroffen sind – der Energiekostenanteil muss mindestens 3 Prozent des Jahresumsatzes 2021 betragen – sind ebenfalls zur Antragsstellung berechtigt.

Die ersten Gelder dürften noch im Mai fließen. „Wir gehen davon aus, dass ab Mitte Mai mit Blick auf die aktuell mögliche Antragstellung ab 9. Mai 2022 erste Auszahlungen erfolgen können“, lässt die Commerzbank verlauten. Zu beachten sei jedoch, dass die KfW vor Auszahlung die Antragsteller einer Sanktionsprüfung unterzieht. „Wie viel Zeit diese Prüfung durch die KfW in Anspruch nimmt, ist derzeit noch nicht abschätzbar“, sagt die gelbe Bank. Die DZ Bank rechnet eigenen Angaben zufolge in zwei bis drei Wochen mit den „ersten fertigen Anträgen“.

Insgesamt sollten Treasurer nicht unterschätzen, wie viel Zeit bis zur Bewilligung der Anträge vergehen kann: „Der Prüfungs- und Bestätigungsaufwand hat durch die Sanktionen gegenüber den Corona-Programmen nochmals zugenommen“ heißt es beispielsweise seitens der DZ Bank.

Weniger Antragsberechtigte als bei Corona-Hilfskrediten

Was den Unternehmen zugutekommen könnte: Auch wenn das Antragsvolumen noch steigen wird, in Summe wird die Nachfrage wohl um einiges geringer sein als bei den Corona-KfW-Hilfskrediten, ist aus den verschiedenen Bankentürmen zu hören: „Der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen ist im Vergleich zu den Corona-Programmen der KfW deutlich enger gefasst“, sagt beispielsweise die DZ Bank. Dementsprechend rechnet das genossenschaftliche Institut „auch mit einer geringeren Nachfrage, sollte diese Eingrenzungen nicht erweitert werden“.  Grundsätzlich erwartet das Spitzeninstitut der Genossen „eine sektorale Verschiebung in der Nachfrage von der Dienstleistungsbranche hin zu produzierenden Unternehmen sowie dem Energiesektor“.

Andreas Wagner von der Hypovereinsbank äußert sich ähnlich: „Während der Dienstleistungssektor kaum betroffen ist, gibt es im verarbeitenden Gewerbe und der Bauwirtschaft inzwischen sehr große Herausforderungen. Deshalb rechnen wir in diesen Branchen auch mit einem höheren Liquiditätsbedarf.“

Maßnahmenpaket der Bundesregierung für vom Krieg betroffene Unternehmen

1. KfW-Kreditprogramm
2. Bürgschaftsprogramme
3. zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise
4. zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen
5. Unterstützung von Energieunternehmen bei bestimmten Liquiditätsengpässen

Quelle: Bundesfinanzministerium

Ukraine-Hilfskredite mit Restriktionen verbunden

Allerdings werden sich die vom Ukraine-Krieg betroffenen Unternehmens gut überlegen, ob sie das Ukraine-KfW-Hilfsprogramm in Anspruch nehmen werden. Denn die Nutzung der Kredite ist an Restriktionen geknüpft: „Wie bereits bei den Corona-Krediten auch, unterliegt die Nutzung des Förderprogramms besonderen Bedingungen, wie zum Beispiel Ausschüttungssperren für Gewinne und bestehende Gesellschafterdarlehen“, sagt die Commerzbank.

In den Bankentürmen glaubt man dennoch an den Mehrwert des Ukraine-KfW-Kreditprogramms. „Die Hilfsprogramme werden ein wichtiger Baustein bei der Begleitung der Kunden sein“, sagt etwa Sandra Heinrich, Leiterin Bilateral Lending und Structuring Deutschland bei der Deutschen Bank. Es würden „aber natürlich“ auch weitere Finanzierungskomponenten zum Einsatz kommen.

Schon jetzt versuchen viele Unternehmen, sich anderweitig abzusichern und den Folgen des Ukraine-Kriegs zu begegnen: „So gibt es auch bei den Themen Risikomanagement (Commodities, Zins-, Währungs-Hedging), Working-Capital-Optimierung und grüne Transformation aktuell einen großen Beratungsbedarf“, sagt Wagner von der Hypovereinsbank.

Auch bei der Deutschen Bank ist die Nachfrage nach Lösungen für die Innenfinanzierung gestiegen: „Derzeit sehen wir in allen Kundensegmenten erhöhte Working-Capital-Finanzierungsbedarfe, die sich vor allem im kurzfristigen Bereich bewegen“, sagt Heinrich von der Deutschen Bank.

Paulus[at]derTreasurer.de