Der 3. Januar 2018 ist nicht mehr weit. Dieses Datum markiert die Einführung von Mifid II, einer wichtigen Richtlinie für die Regulierung von Finanzgeschäften. Diese war bereits um ein Jahr verschoben worden, weil kaum ein Institut auf die Einführung Anfang dieses Jahres vorbereitet gewesen wäre. Auch heute sind viele Fragen noch offen. „Es fehlen Ansprechpartner, die das Gesamtbild von Mifid II darstellen können“, klagt der Treasurer eines Konzerns auf einer gestrigen Konferenz des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und BNP Paribas in Frankfurt.
Dabei sind die Auswirkungen von Mifid II durchaus umfangreich. Sie betreffen Kapitalmarktfinanzierungen bei der Platzierung von Anleihen, die auch Privatpersonen zeichnen können (1.000er Stückelung). Zudem stellt sich die Frage, welche Commodity-Transaktionen künftig meldepflichtig sind. Gleichzeitig versuchen Asset Manager, Research-Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. „Wir konnten das bisher verhindern“, sagt ein Treasurer unter Verweis auf die Marktmacht seines Konzerns.
Hinzu kommen umfangreiche Informationsanfragen von Banken. Die Konzerne sehen sich mit Fragebögen konfrontiert, die zum Teil bis zu 70 Seiten bei nur einem Kreditinstitut umfassen. „Das sprengt unsere knappen Ressourcen“, meint ein Teilnehmer. Man könne Mitarbeiter nicht nur für die Bearbeitung der Fragebögen abstellen. Einige haben deshalb eine Radikallösung gewählt und stellen lediglich minimale Informationen wie den Unternehmensnamen, die LEI-Nummer sowie eine Kontaktadresse zur Verfügung – in der Hoffnung, dass das vorerst genügen könnte (mehr zu Mifid II berichtet DerTreasurer im kommenden E-Magazin 24/2017).

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Treasurer kämpfen gegen den regulatorischen Overkill
Derivateregulierung Emir sorgt weiter für Ärger
Auch Emir hält Treasurer in Atem. Die Einführung der Derivateregulierung lief Anfang 2014 recht chaotisch ab. Inzwischen sind die Reporting-Prozesse zwar in den Treasury-Abteilungen weitgehend eingespielt. Mit den Erweiterungen, die am 1. November in Kraft traten, will die Wertpapieraufsicht Esma die Datenqualität erhöhen. Damit einher geht aber ein neuerlicher Umstellungsaufwand, über den sich Treasurer auf der DAI-Konferenz ärgerten, weil die etablierten Prozesse nun erneut angefasst werden müssen.
Dabei sind die Erkenntnisse aus den vielen gesammelten Daten sehr gering, wie ein Vertreter des Transaktionsregisters Regis-TR einräumte. Die Gründe dafür sind vielfältig. Trades, die an eine einzige Handelsplattform gemeldet werden, lassen sich laut Regis-TR zwar noch recht gut paaren und im Anschluss auch matchen. Über die Handelsregister hinweg sind die Matching-Quoten im einstelligen Prozentbereich und damit extrem gering. Dass in Europa acht Handelsregister tätig sind – die größten davon Regis-TR und DTCC – erschwert die Lage.
Hinzu kommt, dass häufig unterschiedliche Handelsgeschäftskennungen UTIs für ein und denselben Trade verwendet werden. Künftig soll die UTI deshalb nicht mehr ausreichen. Daher sollte jetzt immer auch der Legal Identifier (LEI) angegeben werden.
Der Wunsch vieler Treasurer ist deshalb, dass gruppeninterne Geschäfte nicht gemeldet werden müssen. Am besten wäre es, die Banken würden das Reporting komplett übernehmen. Auch die EU-Kommission unterstützt diese Forderungen: Sie hatte im Mai einen Emir-Reformvorschlag vorgelegt, der eine einseitige Meldepflicht vorsieht. Allerdings ist derzeit völlig offen, ob sich die Kommission mit ihrer Idee durchsetzen wird und wann diese Erleichterung für Treasurer in Kraft treten könnte.
Brexit kommt, Unsicherheit bleibt
Aber nicht nur die Finanzmarktregulierung bereitet Sorgen, auch der angekündigte Austritt der Briten aus der Europäischen Union bewegt Treasurer. Während Theresa May sich gerade mit dem Irland-Debakel auseinandersetzen muss, das die Verhandlungen mit der EU denkbar schwierig macht, fragen sich auch Finanzverantwortliche, wie sie mit dem Brexit umgehen können. Wie wirkt sich der Brexit auf die Bonität von Kunden aus? Wie reagieren die Banken? Was ist bei Kapitalmarkttransaktionen in Großbritannien zu beachten? Welche Folgen hat er für das Währungsmanagement?
Dabei spielen führende Unternehmen wie BASF oder RWE durchaus verschiedene Szenarien durch. Handeln können sie aber noch nicht, da das Ergebnis der Verhandlungen noch nicht feststeht. Die Botschaft der Industrie ist allerdings eindeutig: Ein harter Brexit wäre der schlimmste Fall, sind viele Unternehmen doch – vor allem im operativen Geschäft – eng mit Großbritannien verflochten. Allerdings, das wurde auch klar: Selbst mit einem harten Austritt würden die deutschen Unternehmen umgehen können.
Reagieren auf den drohenden Brexit mussten bereits diejenigen Banken, die den EU-Pass von Großbritannien aus nutzen. Viele sind deshalb dabei, in verschiedenen EU-Metropolen wie Paris, Frankfurt oder Dublin neue Lizenzen zu beantragen. Für Frankfurt hat sich – neben diversen japanischen Häusern – etwa auch die britische Standard Chartered entschieden. Hier müssen die kommenden Monate zeigen, welche Fakten die Verhandlungen bringen.
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