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20.04.21
Risiko Management

Schutzschirm für Warenkreditversicherungen endet im Juni

Es hatte sich bereits angedeutet, jetzt ist es aber auch offiziell: Der Schutzschirm für Warenkreditversicherungen wird Ende Juni auslaufen. Eine Hintertür halten sich die Versicherer aber offen.

Ab Anfang Juli sollen bei Warenkreditversicherungen wieder „normale“ Marktbedingungen herrschen. Der Bund und die Kreditversicherer haben sich darauf verständigt, dass der Schutzschirm für Lieferketten „wie geplant“ am 30. Juni auslaufen wird. Das teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am gestrigen Montagabend mit. Eine erneute Verlängerung sei angesichts der aktuellen Markt- und Datenlage nicht notwendig, hieß es weiter.

Der Schutzschirm für Warenkreditversicherungen war ursprünglich im April 2020 aufgespannt worden. Er sollte sicherstellen, dass die Versicherer, Deckungszusagen für von der Corona-Pandemie getroffene Unternehmen aufrechterhalten, um so Lieferketten zu stabilisieren. Der Bund übernahm im Gegenzug eine Garantie für Entschädigungszahlungen der Kreditversicherer in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro. Im vergangenen Dezember wurde der Schutzschirm zu leicht angepassten Bedingungen um weitere sechs Monate bis Ende Juni verlängert. 

Schutzschirm war schlechter Deal für Versicherer

Die Nachricht, dass der Schutzschirm bald endet, kommt nicht überraschend: Bereits bei der Verlängerung Ende vergangenen Jahres hatten die Kreditversicherer – allen voran der Marktführer Euler Hermes – angedeutet, dass sie keine weitere Verlängerung des Schutzschirm wünschen. Vor rund vier Wochen hatte auch GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen erklärt, eine weitere Verlängerung werde „von allen beteiligten Warenkreditversicherern nicht angestrebt“.

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Eine entscheidende Rolle dürfte der Preis spielen. Der Schutzschirm war für die Versicherer kein guter Deal, denn bislang gab es kaum Ausfälle, für die der Bund hätte einspringen müssen. Die befürchtete Insolvenzwelle ist ebenfalls nicht in Sicht. Dafür sorgen zahlreiche andere staatliche Stützungsmaßnahmen wie etwa die KfW-Hilfen.

Der Staat musste seinen Teil des Versprechens also nicht einlösen, während die Versicherer im ersten Halbjahr 2021 knapp 60 Prozent ihrer Prämieneinnahmen an den Bund abführten, 2020 waren es sogar 65 Prozent. Man habe den Schutzschirm gemacht, „weil wir unser volkswirtschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollten“, erklärte etwa Jochen Böhm, Regional Risk Underwriting Director bei Coface Mitte Februar im Interview mit DerTreasurer.

Eine Hintertür halten sich die Versicherer allerdings offen: In der Mitteilung des GDV heißt es, man werde „weiterhin in einem sehr engen Austausch bleiben, um im Fall einer deutlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation und einer damit verbundenen Gefährdung der Lieferketten im Rahmen der EU-rechtlichen Möglichkeiten rasch handeln zu können“. 

Atradius baut Deckung trotz Krise aus

Ab Juli herrschen damit aber erstmal wieder Normalbedingungen am Warenkreditversicherungsmarkt. Die Versicherer übernehmen Forderungsausfälle wieder vollständig auf ihre eigenen Bücher, dürfen aber auch Prämieneinnahmen behalten. Was bedeutet das für die Zeichnungspolitik der Versicherer?

„Wir bei Atradius werden auch nach der Bundesrückdeckung als privatwirtschaftlicher Kreditversicherer unsere Schutzfunktion für unsere Kunden wahrnehmen.“

Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa, Atradius

Atradius, die Nummer 2 am deutschen Markt hinter Euler Hermes, gibt sich in einer ebenfalls am gestrigen Montagabend versendeten Pressemitteilung betont positiv: „Wir bei Atradius werden auch nach der Bundesrückdeckung als privatwirtschaftlicher Kreditversicherer unsere Schutzfunktion für unsere Kunden wahrnehmen und sie mit bestmöglichem Deckungsschutz und unverändert hohem Einsatz unterstützen“, erklärt Thomas Langen, Senior Regional Director für Deutschland, Mittel- und Osteuropa. Neben dem „individuellen Underwriting-Ansatz“ bilde die „finanzielle Stärke“ die Basis hierfür.

Im vergangenen Jahr hat Atradius eigenen Angaben zufolge Lieferungen und Dienstleistungen an Abnehmer in Deutschland im Gesamtwert von mehr als 93,5 Milliarden Euro versichert. Damit sein die Deckungszusagen für Geschäfte hierzulande trotz Krise noch einmal um rund 500 Millionen Euro gegenüber 2019 erhöht worden.

Euler Hermes rückt Prävention in den Fokus

Beim Marktführer Euler Hermes klingt das defensiver: Zwar betont Deutschlandchef Ron van het Hof man stehe „schon jetzt im engen Austausch mit unseren Kunden und Partnern und bieten ihnen bereits Lösungen an für die Zeit nach dem Schutzschirm“. So schaffe man Planungssicherheit und die „Grundlage für einen möglichst fließenden Übergang“.

Allerdings betont die Allianz-Tochter in ihrer Pressemitteilung auch: Bei der Rückkehr zu normalen Marktmechanismen stehe „neben dem Schutz vor finanziellen Ausfällen insbesondere die Prävention im Vordergrund“. Deckungszusagen erfolgten wie üblich auf Basis der individuellen Bewertung von Unternehmen unter Berücksichtigung einer Vielzahl an Faktoren. Weiter heißt es: „Neben den individuellen Finanzkennzahlen wie beispielsweise Umsatz, Profitabilität, Finanzergebnis, Verschuldung, Liquidität oder Cashflow spielen auch Länder- und Branchenrisiken eine Rolle.“

Euler Hermes hatte im vergangenen August den Ärger vieler Treasurer und Factoring-Gesellschaften auf sich gezogen, da der Kreditversicherer die Limite für „schwache Bonitäten“ an das Bestehen des Schutzschirms geknüpft hatte. Makler berichteten später, dass die Limit-Befristungen „mehr oder weniger pauschal“ wirkten.

Buchholz[at]derTreasurer.de