Die Commerzbank kooperiert nicht mehr mit der Blockchain-Plattform Marco Polo. Das Thema will die Bank aber weiter vorantreiben.

Tobias Arhelger - stock.adobe.com

16.02.23
Cash Management & Zahlungsverkehr

Commerzbank kooperiert nicht mehr mit dieser Blockchain-Initiative

Bei den Blockchain-Plattformen läuft es nicht gut. Marco Polo arbeitet nicht mehr mit der Commerzbank zusammen. Hinter den weiteren Aktivitäten der Blockchain-Plattform stehen ebenfalls Fragezeichen.

Nach dem Hype folgt die Ernüchterung: Die Trade-Finance-Plattform Marco Polo wurde vor allem durch die Zusammenarbeit mit der Commerzbank und LBBW bekannt. Nun wurde die Zusammenarbeit mit einer der treibenden Banken aus dem Konsortium, der Commerzbank, zunächst auf Eis gelegt. Das bestätigt die Bank gegenüber DerTreasurer.

„Marco Polo Network hat sich entschieden, die Kooperation erstmal nicht fortzuführen“, so das Bankhaus. Marco Polo ließ eine Anfrage zunächst unkommentiert. Laut der Commerzbank bestehe die Zusammenarbeit bereits seit September vergangenen Jahres nicht mehr.

Mit der Sache Vertraute teilten mit, dass Marco Polo auch die Kooperation mit der LBBW beendet habe. Die Stuttgarter Landesbank hingegen gab auf Anfrage von DerTreasurer an, dass „die Kooperation zwischen der LBBW und Marco Polo weiterhin besteht“. Und weiter: „Die LBBW hat ein hohes Interesse an der Teilnahme an Partnerschaften beziehungsweise der Entwicklung von Plattformen für internationale Digitalisierungsstandards.“ Nächste Projekte mit der Plattform, die 2018 gegründet wurde, stünden allerdings noch nicht fest.

Auf der Webseite von Marco Polo sind unter dem Punkt „Companies we work with“ nur folgende Banken zu finden: BNP Paribas, Bank of America, BNY Mellon und SMBC. Aus Finanzkreisen ist zu hören, dass Marco Polo auch Cashflow Probleme haben soll. 

Marco Polo: erste Live-Transaktion im Mai 2021

Warum genau Marco Polo erst einmal die Zusammenarbeit beendet hat, wollte weder die Commerzbank noch Marco Polo Network kommentieren. Marco Polo wurde vor allem durch Transaktionen über die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), auf der auch die Blockchain basiert, bekannt.

Vor zwei Jahren, im Mai 2021, sah es noch nach einer längeren Pilotphase nach einem Durchbruch von Marco Polo aus. Erstmals wurde eine auf Blockchain basierende Exportfinanzierungen mit KSB und Voith als Live-Transaktion durchgeführt. Seitdem hat die Commerzbank mit Zwickauer Kammgarn und MAN Truck and Bus weitere Kunden gewonnen.

Die Bank hat seit Mai 2021 nach eigenen Angaben rund ein Dutzend Transaktionen über Marco Polo abgewickelt. Kunden hätten sogar mehrmals Transaktionen über Marco Polo abgewickelt, technisch habe die Plattform gut funktioniert. Doch eine „kritische Masse“ hat sie bislang nicht erreicht.

Laut der Unternehmensseite bietet Marco Polo neben dem Blockchain-Bereich auch andere Supply-Chain-Finance-Lösungen an, zum Beispiel die Vorfinanzierung der Lieferanten. Solche Lösungen hat die Commerzbank, die kein Shareholder von Marco Polo Network war, schon im Einsatz, zum Beispiel über CRX Markets, Prime Revenue oder Cflox. Ob Marco Polo seine Blockchain-Geschäfte weiterführen will, ließ das Unternehmen mit Sitz in Großbritannien unkommentiert.

Blockchain-Initiativen laufen nicht wirklich

Die Blockchain-Plattformen haben es bislang nicht ganz leicht. Schon länger kämpfen die Initiativen nach der anfänglichen Euphorie mit großen Herausforderungen. So kranken die Plattformen vor allem daran, dass solche Transaktionen auf einer komplexen Vertragsstruktur basieren, die Skalierbarkeit ist häufig schwierig. Das erfordert einen intensiven Koordinations- und Abstimmungsaufwand. Auch die fehlende Digitalisierung in der Verwaltung von Trade-Finance-Geschäften und die teils unklare Gesetzgebung für die Blockchain sind herausfordernd. Gerade angesichts der derzeitigen Risiken könnten Faktoren wie die Energiekrise und gestörte Lieferketten zur Herausforderung für die Plattformen werden, ihre Geschäfte weiter voranzutreiben.

Das hatte bereits konkrete Folgen: Die Plattform We.Trade beendete im Juni 2022 ihre Aktivitäten sogar vollständig. Die Blockchain-Trade-Finance-Lösung wurde 2017 von der Deutschen Bank, HSBC, KBC, Natixis, Rabobank, Société Générale und Unicredit aufgelegt.

Eine weitere Blockchain-Plattform ist Contour. Seit dem Start im Herbst 2020 ist es zuletzt um das Fintech aber auch still geworden. Die geschäftlichen Anlaufschwierigkeiten liegen eher auf Seiten der potentiellen Kunden, sagte Produktchef Joshua Kroeker im April 2022 im Gespräch mit unserer Schwesterpublikation FINANCE. Hinter der Plattform stehen neben der HSBC auch Banken wie die ING und die BNP Paribas. Seit Juli vergangenen Jahres arbeitet auch die Commerzbank mit Contour zusammen. Auf Nachfrage teilt die Commerzbank mit, dass in Kürze auch eine weitere Kooperation mit einer Trade-Finance-Plattform bekanntgegeben werden soll. Um welche es dabei geht, wollte die Commerzbank nicht sagen.

Commerzbank will weiter auf DLT setzen

Obwohl das Blockchain-Thema beziehungsweise die Distributed-Ledger-Technologie in der Breite noch nicht den Durchbruch geschafft hat, sieht die Commerzbank darin eine interessante Technologie für die Zukunft der globalen Handelsfinanzierung. „Wir können Trade-Finance-Transaktionen nicht dauerhaft papierbasiert abwickeln. Das ist zu komplex, wir brauchen innovative, schnellere Lösungen“, mahnt Alexander Pawellek, Leiter Digitalisierung und Strategie Trade Finance bei der Commerzbank.

Demnach will sich die Bank in diesem Thema weiterentwickeln. „Durch die Zusammenarbeit konnten wir schon wertvolle Erfahrungen sammeln“, sagt Jörg Motel, Bereichsleiter Produktentwicklung im Trade Finance. Generell will die Bank die Digitalisierung im Handelsgeschäft weiter vorantreiben.

Dazu gehört auch ein Pilotprojekt mit T-Systems und Nagel. Mit der Telekom-Tochter T-Systems will die Bank eine Lösung für voll automatisierte Lieferketten mit integrierten Finanzdienstleistungen anbieten, auch diese soll unter anderem auf DLT basieren. Die Nagel-Group soll der erste Pilotkunde sein. Die Markteinführung ist für Ende des Jahres geplant.

s.backhaus[at]dertreasurer.de