Heike Winter (Bundesbank),Raoul Herborg (Giesecke+Devrient advance52), Ramin Ghafari (SiemensTreasury) und Regina Deisemann (VDT Ressort Cash & Liquidity) (v.l.n.r.) sprachen über den digitalen Euro.

VDT

09.11.21
Cash Management & Zahlungsverkehr

Digitaler Euro: Es gibt noch viele Baustellen

Auf dem VDT Treasury Day wurde über den digitalen Euro und Zahlungsverkehr diskutiert. Das sind die Aussichten.

Die Zukunft des Zahlungsverkehrs sei digital, instant und grenzüberschreitend – das meint Burkhard Balz, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Wie genau das aussieht, stellt er beim VDT Treasury Day vor, der in der vergangenen Woche in Frankfurt stattfand. Für den Bundesbanker steht fest, dass digitale Bezahlmöglichkeiten einen wichtigen Teil im Zahlungsverkehr ausmachen und diesen stark verändern werden.

Obwohl das Bargeld nicht komplett verschwinden wird, meint der Banker, dass bargeldloses Bezahlen zunehmen werde, vor allem im Handel. Konkret ändern sich mit der Digitalisierung nicht nur die Produkte im Zahlungsverkehr, sondern auch die der Hersteller, die, wie etwa die Automobilbranche, neue Wege im Direktvertrieb und E-Commerce einführen könnten. Neben Banken entstünden immer mehr neue Geschäftsmodelle, was man schon jetzt an der steigenden Zahl von Fintechs sehe. Neu seien zum Beispiel Pay-per-Use-Modelle, die derzeit noch am Anfang stehen, aber immer stärker Einzug in die Wirtschaft halten werden.

Instant Payments werden immer wichtiger

Daneben spielen Instant Payments eine immer größere Rolle. So gut wie alle Kreditinstitute bieten die Echtzeitzahlungen schon an, doch in der Breite ist die neue Zahlart noch nicht angekommen. Die Systeme der Banken und Kunden müssten weiter angepasst werden. Dies sei „eine komplexe Angelegenheit“ konstatiert Balz.

Herausfordernd sei es zudem, dass hier noch keine gesammelten Zahlungen möglich sein, sondern nur einzelne. Demnach werden solche Zahlungen noch als Prämienprodukt angesehen und bepreist. Trotzdem dürften Instant Payments zum „New Normal werden. Diese Einschätzung teilen auch Treasurer, wie eine aktuelle Studie von DerTreasurer und HSBC zeigt. Demnach sind 56 Prozent der Befragten der Meinung, dass Echtzeitzahlungen bis 2025 für ihr Unternehmen massiv an Bedeutung gewinnen werden. Die Gründe dafür sind für Balz klar: Treasurer können auf diese Weise die Liquidität besser steuern und haben sofortige und bessere Transparenz hinsichtlich der Gelder des Unternehmens. Zudem könnten Request to Pay und die European Payments Initiative ein Katalysator für Instant Payments sein.

Auch das Thema digitale Währungen spiele eine zunehmende Rolle. Vor allem wegen der Effizienz im grenzüberschreitendem Zahlungsverkehr werden Stable Coins attraktiver. Dabei handelt es sich um Kryptowährungen, die eine geringere Volatilität in Bezug auf nationale Währungen haben - also weniger schwankungsanfällig als Bitcoins sind. Der digitale Euro könnte die Zukunft sein, glaubt Bundesbanker Balz. Damit er aber erfolgreich werden könne, müsse er bequem nutzbar und in breitem Umfang akzeptiert werden. Der digitale Euro könne vor allem bei neuen Bezahlmethoden von Vorteil sein, etwa bei dem automatischen Auslösen von Zahlungen unter bestimmten Bedingungen. Doch mögliche Risiken, speziell die Datensicherheit, müssten vor einer Einführung behoben werden.

Digitaler Euro noch sehr vage

Auch eine Expertenrunde mit Ramin Ghafari (SiemensTreasury), Raoul Herborg (Giesecke+Devrient advance52), Heike Winter (Bundesbank) und Regina Deisemann (VDT Ressort Cash & Liquidity) sprach über den digitalen Euro.

Heike Winter von der Deutschen Bundesbank erklärte, dass sich der digitale Euro bei der EZB derzeit noch in der Projektphase befinde, die rund zwei Jahre laufe. Klar sei aber, dass es später nur ein Gesamtprodukt geben werde. Derzeit müssen noch viele Fragen geklärt werden, etwa die, wie der digitale Euro verzinst werden soll. Führende Banken aus der deutschen Kreditwirtschaft setzten sich zuletzt für eine unverzinste Variante ein. Ob auch Negativzinsen erhoben werden sollen, ließ der Branchenverband aber offen.

Berater Raoul Herborg wies zudem darauf hin, dass auch noch geklärt werden müsse, ob der digitale Euro nicht nur ein öffentlich garantiertes Zahlungsmittel für Bürger ist, oder auch für Zahlungen zwischen Unternehmen genutzt werden kann. Ramin Ghafari aus dem Siemens-Treasury wies darauf hin, dass es neben den Geschäftsbanken auch noch andere Anbieter mit hochinnovativen Lösungen gebe, die in der Diskussion zur Entwicklung des Zahlungsverkehrs ebenfalls eine Rolle spielen. In Zukunft sieht er die digitalen Währungen vor allem bei den obengenannten Modellen wie Pay per Use, bei dem die Kunden für die Nutzung einer Maschine bezahlen und hohe Anfangsinvestitionen nicht getätigt werden müssen.

Laut Bundesbankvorstand Balz wird es noch bis 2026 dauern, bis der digitale Euro wirklich benutzt werden kann. Das findet Ghafari viel zu spät. Es müsste eine Interimslösung geben, fordert er. 

s.backhaus[at]finance-magazin.de