Oddo BHF will im Bereich Trade Finance wachsen. Die französisch-deutsche Privatbank steigt mit einem „substanziellen“ Anteil bei dem Logistik-Startup BuyCo ein, wie DerTreasurer erfahren hat.
Das vor zwei Jahren von einem ehemaligen Manager der französischen Reederei CMA CGM gegründete Startup stellt eine Plattform zur Verfügung, über die Unternehmen ihre Container-Logistik digital managen können. Oddo BHF zufolge nutzt eine zweistellige Zahl an Großkonzernen die Lösung von BuyCo, darunter etwa der Konsumgüterhersteller Nestlé sowie der Bierkonzern AB Inbev.
Oddo BHF will Trade Finance digitalisieren
„Es gibt große Überlappungen zwischen den Daten, die über die Plattform vorliegen, und solchen, die wir für die Exportfinanzierung haben“, berichtet Florian Witt, Geschäftsfeldleiter International & Corporate Banking bei Oddo BHF in Frankfurt im Gespräch mit DerTreasurer. Das gelte etwa für Spediteurs- und Zolldokumente sowie den Frachtbrief („Bill of Lading“), die die Bank zur Absicherung des Zahlungsstroms via Akkreditiv oder Garantie brauche: „Deshalb haben wir uns entschieden, im Rahmen der jüngsten Finanzierungsrunde von BuyCo als Kernaktionär einzusteigen.“
Mit dem Investment einher geht eine strategische Kooperation: Die Bank wird künftig Finanzierungen über die Plattform von BuyCo anbieten. Ziel sei es, die Lösung des Startups nach Deutschland zu bringen und hierzulande Kunden für die digitale Plattform zu gewinnen, so Witt. Er ist überzeugt: „Sie beschleunigt und vereinfacht den Finanzierungsprozess für die Unternehmen enorm.“
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BuyCo wird im Rahmen der Finanzierungsrunde mit einem zweistelligen Millionenbetrag bewertet. Zur genauen Höhe der Beteiligung sowie zum gezahlten Preis wollte Oddo BHF jedoch keine Angaben machen.
Exportfinanzierung als Wachstumsfeld
Der Einstieg bei dem Start-up ist Teil einer strategischen Neuausrichtung von Oddo BHF im deutschen Firmenkundengeschäft: Die Privatbank, die vor fünf Jahren aus der Übernahme der deutschen BHF-Bank durch die französischen Oddo-Gruppe entstanden ist, setzt Witt zufolge künftig auf drei Eckpfeiler: Energieeffizienz, Digitalisierung und das internationale Geschäft. „Heute trägt das International & Corporate Banking rund 15 Prozent zum Ertrag der Bank bei. Ambition ist es, das zu steigern, insbesondere in dem wir Unternehmen bei ihrer nachhaltigen Transformation begleiten“, erklärt Witt.
Das Exportgeschäft, das schon in der Vergangenheit zu den Geschäftsbereichen der Bank zählte, liegt in der Verantwortung von Witt, der 2017 von der Commerzbank zu Oddo BHF wechselte: „Unser Marktanteil im deutschen Akkreditivgeschäft ist in den vergangenen vier Jahren auf jetzt knapp 10 Prozent gestiegen“, behauptet der Trade-Finance-Experte. Künftig solle auch das Geschäft rund um Einkaufsfinanzierung, Working Capital und Supply Chain Finance stärker in den Fokus rücken: „Neben der Exportfinanzierung wollen wir auch das Geschäftsfeld der Importfinanzierung systematisch angehen.“ Dafür investiere man in Technologie und Personal: „Wir haben das Team im Bereich International Banking seit 2017 um 25 Prozent aufgestockt.“
„Wenn ein Kunde eine Geschäftsbeziehung daran knüpft, dass wir uns am Konsortialkredit beteiligen, dann sind wir vermutlich nicht die richtige Adresse für das Unternehmen.“
Witt war 2017 seinem damaligen Chef Markus Beumer von der Commerzbank zu Oddo BHF gefolgt. Beumer hatte die Privatbank allerdings Ende 2018 wieder verlassen und bei der Hypovereinsbank als Firmenkundenchef angeheuert. Beumer haderte damaligen Medienberichte zufolge auch damit, dass Bankchef Philippe Oddo nicht bereit war, für Wachstumspläne im Firmenkundengeschäft die eigene Bilanz einzusetzen.
Oddo BHF reallokiert Kapital
An dieser grundsätzlichen Strategie will die Privatbank offenbar nicht rütteln: „Wenn ein Kunde eine Geschäftsbeziehung daran knüpft, dass wir uns am Konsortialkredit beteiligen, dann sind wir vermutlich nicht die richtige Adresse für das Unternehmen“, sagt Witt. „Unser Vorteil gegenüber den Großbanken ist allerdings, dass wir deutlich schneller in der Kreditentscheidung und in der Abwicklung sind.“ So seien die internen Akkreditivprozesse inzwischen vollautomatisiert.
Man wolle künftig aber mehr Kapital für das internationale Geschäft sowie für energetische und digitale Förderkredite einsetzen und dafür an anderer Stelle kürzen, berichtet Witt: „Im Kreditvolumen ist eine Verdoppelung, bei leicht wachsenden Risk Weighted Assets (RWAs) in den nächsten Jahren möglich.“ Dafür ziehe sich die Bank „nach und nach“ aus dem Schuldschein- und dem Leveraged-Finance-Geschäft zurück und baue stattdessen das Außenhandelsfinanzierungs- und Förderkreditgeschäft aus: „In unserer Mittelfristplanung sehen wir für die kommenden drei Jahre ein jährliches Wachstum von 10 Prozent im Außenhandelsfinanzierungsgeschäft und mehr als eine Verdreifachung im Förderkreditgeschäft vor.“
Auch andere Banken wollen mit Trade Finance wachsen
Trotz der Corona-Pandemie, die die globalen Handelsströme und die Trade-Finance-Erträge der Banken hat einbrechen lassen, ist Oddo BHF bei weitem nicht das einzige Geldhaus, das Wachstumsambitionen in der Handelsfinanzierung hegt. Vor allem die Lieferantenfinanzierung haben viele Banken als Wachstumsfeld erkoren, wie im vergangenen Sommer eine Umfrage der Internationalen Handelskammer (ICC) ergeben hatte.
Ein wichtiger Treiber bei den Wachstumsambitionen ist die Digitalisierung, denn derzeit laufen viele Prozesse noch papierbasiert ab. Daher hatten Großbanken und Technologieanbieter vor einigen Jahren Blockchain-basierte Initiativen wie We.Trade, Marco Polo oder Contour ins Leben gerufen, um die es zuletzt allerdings still geworden ist.
Auch Oddo BHF hatte sich die Blockchain-Plattformen angeschaut. Trade-Finance-Experte Witt ist allerdings skeptisch: „Bis die Blockchain-Technologie bei Akkreditiven zum Einsatz kommt, wird es noch sehr lange dauern.“ Die Komplexität sei angesichts der zahlreichen involvierten Parteien und Jurisdiktionen zu hoch. Es fehle an entsprechender Gesetzgebung.
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Mit BuyCo setzt Oddo BHF deshalb auf eine Plattform, die auf herkömmlicher Technologie basiert. Die Kooperation mit dem Startup sei für die „nächste Zeit“ exklusiv, mittelfristig könnten aber auch weitere Banken Finanzierungslösungen über die Plattform anbieten: „Wir arbeiten mit einer offenen Architektur.“
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