Der Autobauer Daimler hat zusammen mit der LBBW erstmals einen vollständig digitalen Schuldschein via Blockchain rechtswirksam platziert.

Daimler

19.03.20
Finanzen & Bilanzen

Daimler begibt ersten voll digitalen Schuldschein via Blockchain

Daimler hat den ersten rechtswirksamen voll digitalisierten Schuldschein Deutschlands platziert. Zusammen mit der LBBW hat der Autobauer die Transaktion über eine Plattform vermarktet und über die Blockchain abgewickelt – nach dem ersten Testlauf vor fast drei Jahren.

Es ist eine Premiere: Der Autobauer Daimler hat zusammen mit der LBBW erstmals ein vollständig digitales Schuldscheindarlehen begeben. Der Schuldschein hat ein Volumen von 25 Millionen Euro und läuft zwei Jahre. Das Papier wurde bereits am gestrigen Mittwoch ausgezahlt, wie der Autobauer und die Landesbank am heutigen Donnerstag gemeinsam mitteilten.

Die Transaktion wurde demnach über die digitale Schuldscheinplattform Debtvision vermarktet und mit Hilfe der Distributed Ledger Technologie via Blockchain ohne papierbasierten Parallelprozess und der elektronischen Signatur durchgängig digital abgewickelt. Insgesamt ein dreiviertel Jahr hat der Autobauer zusammen mit der LBBW diesen Blockchain-Schuldschein vorbereitet.

Daimler-Treasurer glaubt an Blockchain-Potential

Kurt Schäfer, der das Treasury bei Daimler leitet, glaubt an die Leistungsfähigkeit der Blockchain. „Zum einen bietet die Blockchain-Technologie das Potential, bestehende Finanzprozesse effizienter und transparenter zu gestalten“, sagt der Treasury-Chef des Stuttgarter Autobauers. Abwicklungsgeschwindigkeiten und Transaktionskosten könnten erheblich reduziert werden. Gleichzeitig ermöglichte die Technologie, die Sicherheit von Transaktionen zu erhöhen und Risiken zu minimieren.

Daimler experimentiert bereits in verschiedenen Projekten mit der Blockchain-Technologie – neben dem Schuldscheingeschäft beispielsweise auch im Zahlungsverkehr und in der Handelsfinanzierung. „Gerade im Bereich Zahlungsverkehr, aber auch bei Wertpapiertransaktionen, Anleiheemissionen und Handelsfinanzierungen kann die Blockchain-Technologie in einem skalierbaren Ökosystem große Effizienzgewinne bringen“, ist Treasury-Chef Schäfer überzeugt.

Daimler-Schuldschein: Kein Parallelprozess mehr

Bereits im Sommer 2017 hatte Daimler zusammen mit der LBBW einen Blockchain-Schuldschein begeben. Damals war die Emission aber parallel noch auf dem klassischen Weg mit physischem Dokumentenaustausch abgewickelt worden, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen.

„Das war nun nicht mehr nötig“, sagt Joachim Erdle, Leiter Corporate Finance bei der LBBW. „Die Darlehensverträge können nun mittels fälschungssicheren Transaktionsdatenbanken rechtswirksam digital signiert und ausgetauscht werden.“ Gleichzeitig bleibe die Rechtsnatur des Schuldschein erhalten. Das heißt, er bleibt ein Kredit und wird kein Wertpapier.

Die Schuldscheintransaktion fand in einem realen Umfeld und im Rahmen eines ganz normalen Platzierungsprozesses statt. „Es war diesmal kein gecasteter Prozess“, betont Erdle. Damit hat die Landesbank erstmals unter realen Bedingungen einen vollständig digitalen Schuldschein platziert, der den regulatorischen Anforderungen genügt. Damit ist die regulatorische Baustelle aber noch nicht final abgeschlossen, da weitere Transaktionen laut der LBBW erneut genehmigt werden müssten.

Aufgrund der dezentralen Struktur der Blockchain-Technologie müssen die Transaktionsparteien nach Schließung des Orderbuches nun aber nicht mehr einzelne Dokumente hin und her transferieren. Diese würden stattdessen im Netzwerk verteilt gespeichert, heißt es in der Mitteilung weiter. Weitere Prozessschritte könnten im Blockchain-Netzwerk über sogenannte Smart Contracts automatisiert angestoßen und durchgeführt werden.

Investorenansprache über Debtvision

Die zweite Baustelle, die bewältigt werden muss, um den vollständigen digitalen Emissionsweg des Schuldschein zum Erfolg zu führen, heißt Investoren einbinden. Auch hier hat die LBBW eigenen Angaben zufolge eine Lösung gefunden. Die Investorenansprache ist bei dem zweiten Blockchain-Schuldschein von Daimler laut der LBBW für alle an Debtvision angeschlossene Investoren offen gewesen. „Insgesamt haben sechs Investoren den Blockchain-Schuldschein gezeichnet“, sagt der LBBW-Banker.

Um sich an der digitalen Blockchain-Transaktion beteiligen zu können, musste ein Investor grundsätzlich drei Voraussetzungen erfüllen: Er musste an die digitale Schuldscheinplattform Debtvision, bei der inzwischen mehr als 320 Investoren an Bord sind, und an die DLT-Abwicklungsplattform der LBBW angeschlossen sein.

Um digital signieren zu können, ist zudem ein Onboarding beim Anbieterverbund T-Systems, DocuSign und Bundesdruckerei notwendig. „Nur so kann ein Investor eine qualifizierte elektronische Signatur abgeben“, sagt Erdle.

Diese ist notwendig, damit rechtskräftige Schuldscheindarlehensverträge auch ohne eine händische Unterschrift geschlossen werden können und gleichzeitig die Bundesbankfähigkeit aufrechterhalten wird. Zudem müssen weder der Schuldscheindarlehensvertrag noch das Übertragungszertifikat oder die Geschäftsbestätigungen mehr in Papierform vorliegen. Das heißt, der Dokumentationsprozess kann medienbruchfrei durchgeführt werden.

Debtvision: „Blockchain-Schuldschein bequemer“

Die Landesbank, die sich als Vorreiter bei Blockchain-Transaktionen positioniert, und Debtvision sind überzeugt von der Technologie. „Durch die digitalen Verträge und Abwicklung wird eine Schuldscheintransaktion für den Emittenten deutlich bequemer“, glaubt Debtvision-Chef Christoph Steinbrich, der in der Vergangenheit immer wieder Erstaunen bei ausländischen Emittenten beobachten konnte, wie papierbasiert der traditionell deutsche Schuldschein immer noch ist.

Auch die Transaktionsgeschwindigkeit werde durch die digitalen Verträge schneller. „Beim Settlement sind nicht mehr sieben bis zehn Tage, sondern nur noch fünf Tage notwendig“, sagt Banker Erdle. Nur noch für die eigentliche Zahlung würden die normalen Zahlungsverkehrssysteme der Bank genutzt. Doch auch hierzu gibt es im Markt schon Lösungen über E-Geld oder digitalisierte Zahlungsversprechen, die bei dem aktuellen Projekt aber nicht im Fokus standen, sagt Erdle.

Mit dieser Transaktion ist ein weiterer Schritt bei der Digitalisierung des Schuldscheins geschafft. Bis der Blockchain-Schuldschein allerdings in Serie gehen wird, wird es bestimmt noch eine Weile dauern.

Paulus[at]derTreasurer.de

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