Ab wann sich ein Treasury lohnt

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In Unternehmen jeder Größenordnung gibt es Zahlungsein- und -ausgänge, Konten und Kreditverträge. Bei kleinen und mittleren Firmen übernimmt in der Regel der Geschäftsführer selbst oder ein Buchhalter die damit verbundenen administrativen Aufgaben. In größeren Unternehmen gibt es hierfür eine eigene Abteilung – das sogenannte Treasury.

Was ist Treasury überhaupt?

Aber was verbirgt sich hinter diesem schwammigen Begriff? Laut einem Positionspapier des Verbands Deutscher Treasurer (VDT), in dem das Treasury funktional definiert wird, versorgt diese Abteilung alle Unternehmensbereiche mit Liquidität und ist deshalb ein enorm wichtiger Teil eines jeden Konzerns. Zentrale Aufgabe des Treasury ist es demnach die betriebliche Wertschöpfungskette zu finanzieren und die heutige und zukünftige Zahlungsfähigkeit in jeder erforderlichen Währung sicherzustellen.

Zudem steuert und verantwortet das Treasury auch die finanziellen Risiken des Unternehmens, heißt es in dem Positionspapier weiter. Damit ergeben sich drei Treasury-Kernfunktionen: Cash- und Liquiditätsmanagement, Finanzierung und finanzielles Asset Management sowie finanzielles Risikomanagement.

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Anm. d. Red.: Dieser Artikel ist erstmals am 18. Oktober 2017 erschienen und wird regelmäßig überarbeitet. Zuletzt wurde er am 26. November 2021 aktualisiert.

Viele kleine und mittelständische Unternehmen verorten diese spezifischen Treasury-Aufgaben zunächst bei Mitarbeitern in der Buchhaltung oder im Controlling. „Das Treasury ist die letzte Position im Finanzbereich, die mit einer Vollzeitstelle besetzt wird“, sagt Heinrich Degenhart, VDT-Vorstand und Professor für Finanzierung und Finanzwirtschaft an der Leuphana Universität Lüneburg.

„Es ist deshalb nur verständlich, dass die kleineren Firmen zunächst auf das bestehende Personal zurückgreifen und es über Zusatzausbildungen weiterentwickeln und erst dann eine Vollzeitkraft einstellen, wenn das Fachwissen nicht mehr ausreicht und die Aufgaben nicht mehr nebenbei erledigt werden können“, sagt der VDT-Vorstand.

Faktoren, von denen der Aufbau eines Treasury abhängt

Ab welcher Unternehmensgröße lohnt sich eine solche Fachkraft oder gar eine eigene Treasury-Abteilung? Grundsätzlich ist es von drei Faktoren abhängig, ob ein Unternehmen ein Treasury aufbauen sollte: dem Internationalisierungsgrad, der Anzahl an Tochterunternehmen und der Anzahl an Bankverbindungen. „Je mehr Währungen, Standorte und Banken ein Unternehmen hat, desto schneller rechnet sich ein Treasury“, sagt Helmut Springer Vice President Sales beim TMS-Anbieter Ion, der spezielle Software für Finanzprozesse anbieten.

Neben diesen drei Faktoren spielt aber auch die Komplexität des Grundgeschäfts eine Rolle: Je komplexer das Grundgeschäft ist, umso niedriger ist auch der Umsatz, ab dem sich ein Treasury lohnt. Hier kommt es insbesondere auf die Komplexität des FX-Exposures an – also wie groß die Währungsrisiken eines Unternehmens sind.

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Eine Treasury-Abteilung, bestehend aus ein bis zwei Fachkräften, kann sich schon ab 100 Millionen Euro Umsatz rentieren. „Die meisten Unternehmen fangen jedoch erst bei 200 oder 300 Millionen Euro an, über solch eine Funktion nachzudenken“, sagt Axel Goedecke, Director Produkt Management bei Treasury Intelligence Solutions (TIS). Ab Jahresumsätzen von mehr als 500 Millionen Euro Umsatz sei eine Treasury-Abteilung heute Pflicht, auch wenn dies stark vom Grundgeschäft und der Umsatzgliederung auf Währungen abhänge.

„Die Umsatzgröße allein ist aber kein Kriterium, um den Aufbau eines Treasury zu begründen“, meint auch Matthias Hönert, Head of Group Treasury and Riskmanagement beim Familienunternehmen Brita. „Vielmehr ist dies unternehmens- und themenspezifisch und abhängig davon, mit welcher Expertise man die Themen vorantreiben möchte.“

Vorteile eines eigenen Treasury

In der Regel sind der Überblick über die Liquidität im Unternehmen und ein professionelles Cash Management die primären Gründe ein Treasury zu etablieren. Das Ziel ist es oftmals eine einheitliche Kontenstruktur aufzubauen und den weltweiten Zahlungsverkehr zentral zu steuern.

„Durch eine eigene Treasury-Abteilung kann man auch einfacher die Anforderungen sowie die Digitalisierung und die Automatisierung von Treasury-Prozessen bewerkstelligen. Letztendlich hat uns auch die Pandemie gezeigt, wie wichtig das ist“, sagt Ion-Experte Springer. Und das gelte natürlich auch für mittelständische Unternehmen.

Abgesehen von einer zusätzlichen Transparenz, die ein Treasurer seinem Arbeitgeber bringen kann, verfügt er über Spezialwissen, das sonst nicht oder nur schwer im Unternehmen zu finden ist: „Ein Treasurer kennt sich auch bei Spezialfinanzierungen aus, die ein Unternehmen neben klassischen bilateralen Krediten nutzen kann, um seine Finanzierungsbasis zu verbreitern“, sagt Ralf-Jörg Weigold, Leiter Global Treasury beim Speziallogistiker J.F. Hillebrand aus Mainz.

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Für exportgetriebene Unternehmen seien beispielsweise Hermes-gedeckte Exportkreditversicherungen interessant. „Aber auch alternative Finanzierungen wie Forfaitierungen oder Förderkredite helfen ein Unternehmen finanzierungsseitig gut aufzustellen“, ergänzt Weigold. Zudem sollte sich der Treasurer auch verstärkt mit dem Working Capital Management auseinandersetzen, glaubt der Hillebrand-Treasury-Chef, da durch dessen Reduzierung teils erhebliche liquide Mittel freigesetzt werden könnten und ein breites Instrumentarium – angefangen vom klassischen Factoring über digitale multi-bankfähige Factoring-Lösungen bis zum Supply Chain Finance – zur Verfügung stünde.

Treasurer hat Risikomanagement im Blick

Auch in punkto Risikomanagement ist ein professionelles Treasury wichtig: Es hat eine starke Überwachungsfunktion und sollte darüber hinaus auch Vorsorge für Eventualitäten treffen – etwa durch den Abschluss von Hedging-Geschäften oder die Diversifizierung von Geschäftsbeziehungen und Finanzierungsinstrumente. In Krisenzeiten, wie beispielsweise der Coronakrise verschiebt sich der Schwerpunkt der Aufgaben von der Überwachung und dem Reporting von Risiken hin zu einem aktivem Gegensteuern.

Auch beim Schutz gegen Cyberkriminalität ist Aktivität in den Treasury-Abteilungen gefragt. Insbesondere im Zahlungsverkehr können Cyberkriminelle erhebliche Schäden verursachen. „Ohne klare Finanzrichtlinien und automatisierte Prozesse fällt es Betrügern deutlich leichter, größere Geldbeträge unbemerkt aus der Unternehmenskasse zu entwenden. Und ohne lückenlose Dokumentation, wackelt die Compliance, wenn die Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer ansteht“, sagt Springer weiter.

Die vier Stufen eines Treasury

Wenn sich ein Unternehmen dazu entscheidet, eine professionelle Treasury-Abteilung aufzubauen, ist das meist ein längerer Weg. Der erste Schritt sei laut Hillebrand-Treasury-Chef Weigold häufig ein transaktionsgebundenes oder reaktives Treasury. „Im zweiten Schritt will ein Unternehmen dann aber mehr Transparenz bekommen und die Planungskomponente ausbauen“, sagt Weigold. Das sei dann ein „prospektives“ Treasury.

Die dritte Phase bei der Professionalisierung des Treasury ist dem Hillebrand-Treasurer zufolge die Prozessoptimierung. „Bei der Organisation einer Treasury-Abteilung ist die letzte Stufe erreicht, wenn das Treasury als Dienstleister im Sinne einer „Inhouse Bank“ im Unternehmen etabliert ist und in wesentliche Geschäftsentscheidungen einbezogen wird.“ Er spricht bei dieser Phase von einem strategischen Treasury.

Treasurer verdienen gut

Allerdings hat die Spezialexpertise ihren Preis: Treasurer verdienen als Fachkraft mit Spezialwissen häufig mehr als beispielsweise Buchhalter. Bereits Junior Treasurer mit wenig Berufserfahrung können auf Gehälter zwischen 40.000 und 60.000 Euro kommen, erfahrenere Kollegen verdienen bis zu 90.000 Euro, aber im Schnitt nicht weniger als 55.000 Euro. Als Senior Treasurer sind sogar Gehälter um die 130.000 Euro möglich, geht aus dem „FINANCE-Gehaltsreport 2020“ hervor.

Ein Treasurer rechnet sich aber für ein Unternehmen dann, wenn er in der Lage ist, die Kredit- und Bankgebühren deutlich zu senken und die Zahlungsströme besser zu steuern. Gelingt das, kann er dem Unternehmen bares Geld sparen.

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Weitere einführende Treasury-Texte finden Sie auf der Themenseite Treasury-Ratgeber.

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Sabine Paulus ist Redakteurin bei DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Finanzierung, Fintechs sowie Personal und Organisation im Treasury.